Voll aufgegangen
Im schweizerischen Bergdorf, wo der Oldenburger «Ring» spielt, ist es Winter geworden. Die Weltesche, in der «Walküre» noch in vollem Laub, im «Siegfried» in milde Herbstfarben getaucht, ist gefällt und liegt als Brennholz für den Scheiterhaufen bereit, auf dem Walhall verglühen wird. So beginnt im Staatstheater die «Götterdämmerung». Zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses ist Wagners Nibelungen-Tetralogie damit komplett über die Bühne gegangen; im kommenden Jahr wird die Produktion in drei zyklischen Aufführungen nochmals zu sehen sein.
Die Konzeption von Paul Esterhazy und seinem Bühnen- und Kostümbildner Mathis Neidhardt hat Aufsehen erregt und viel Zustimmung gefunden. In der Tat ist die Idee, den überdimensionalen Götter- und Heldenmythos in die Enge einer in sich abgeschlossenen dörflichen Gemeinschaft zu transferieren, voll aufgegangen. Die Hierarchien, die Konflikte, die emotionalen Spannungen gleichen sich verblüffend.
Wotan, ehemaliger Großbauer und Wortführer der dörflichen Gemeinschaft, hat endgültig abgewirtschaftet. Als stummer Beobachter durchstreift er, ähnlich wie als «Wanderer» im «Siegfried», die Szene. Seine Rolle in der Dorfhierarchie haben die ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt November 2019
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Gerhart Asche
Was wohl der weise wie menschenkundige Doktor Marianus zu dieser Szene am Beginn des vierten Akts von «Les Indes galantes» anmerken würde? Er würde vermutlich schweigen, schmunzeln und sehr sanft sein Haupt schütteln. Denn rein gar nichts ist hier von jener reinen Minne zu spüren, die Marianus in der Bergschluchten-Szene aus Goethes «Faust II» besingt, von jener...
Was zunächst erstaunt bei dem heiklen Stoff: Sláva Daubnerová verweigert jede Aktualisierung oder ideologische Kontextualisierung. Doch die Zurückhaltung der slowakischen Regisseurin, Schauspielerin und Autorin bekommt Shchedrins «Lolita»-Oper ausgezeichnet. Das Stück bietet genug Deutung, nicht nur durch die subtile musikalische Textur, sondern auch dank des vom...
Florenz, die Heimatstadt Machiavellis, war schon immer Schauplatz fataler politischer Fehden. Der Maggio Musicale Fiorentino, das älteste, 1933 gegründete Opernfestival Italiens, bildet da keine Ausnahme. Aktuell steht das Unternehmen bei Dienstleistern und Gastkünstlern, bei Banken und beim Fiskus mit insgesamt 57 Millionen Euro in der Kreide. Während der letzten...
