Völker, hört die Signale!
Wie hat es der Schriftsteller und Dramatiker Peter Hacks einmal so lakonisch-scharfsinnig formuliert: Kunst ist immer in lausigen Zeiten. Betrachtet man die Gegenwart, stellt sich der Eindruck ein, dass es gerade besonders lausige Zeiten sind, vor allem wenn sich der Blick in den Nahen Osten wendet, wo die «Kommunikation» zwischen den verfeindeten Lagern nur noch aus Hass besteht. Ein Werk wie Verdis «Nabucco» passt da (leider) wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge: Zwei Völker stehen einander in diesem Dramma lirico unversöhnt gegenüber.
Hier die Hebräer, dort die Babylonier. Mit dem kleinen Zusatz, dass Erstere die Gefangenen der Zweiten sind. Und im Lager der Besatzer ein Machtkampf tobt, der von niedersten Motiven dominiert ist.
In Düsseldorf wählt Regisseurin Ilaria Lanzino zur Ouvertüre, die GMD Vitali Alekseenok, wie überhaupt die gesamte Oper, plastisch und prägnant, zügig und federnd dirigiert, ein (anfangs harmloses) Bild, das belegt, wer die Betroffenen sind: die normalen Menschen. Das Video von Andreas Etter und Fabio Stoll zeigt ein Mietshaus. Manche Fenster sind beleuchtet, dahinter wohnt die Normalität – wir sehen Menschen, die ihrer gewöhnlichen ...
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Opernwelt November 2024
Rubrik: Im Focus, Seite 22
von Jürgen Otten
Bilde Künstler, rede nicht», das war eine Formel, die dem Bildungsbürger behagte: Das Genie solle gefälligst «bleibende» Werte und Werke schaffen, Manifestationen nach Art des Beethovenschen «Titanismus» oder Bruckner’scher «Kathedralen». Dabei führt Goethes Satz ins genaue Gegenteil weiter: «Nur ein Hauch sei Dein Gedicht» – Aura statt Marmor. Nun ist Musik ein...
Gewöhnlich gibt es zu jeder Respighi-Aufführung eine journalistische Begleitkapelle, die stets dasselbe Thema variiert: sein Verhältnis zum Faschismus. Auch wir wollen von diesem Brauch nicht abweichen, umgeben doch «La fiamma» (Die Flamme) derart viele verdächtige Legenden wie sonst nur noch «I pini della Via Appia», den berüchtigten Orchestermarsch römischer...
Das Solo des Englischhorns tönt hier so hell, klar und schlank aus dem Graben, als wolle es das «Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande» hervorrufen. Doch keine Pastoral-Idylle einer nie geschriebenen zweiten Oper Ludwig van Beethovens wird von diesem imaginären, Schalmei blasenden Hirten im dritten Aufzug mit Klängen gemalt. Tristan identifiziert...