Völker, hört die Signale!

Zweimal Verdis «Nabucco»: phantasievoll in Düsseldorf, desaströs in Berlin

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Wie hat es der Schriftsteller und Dramatiker Peter Hacks einmal so lakonisch-scharfsinnig formuliert: Kunst ist immer in lausigen Zeiten. Betrachtet man die Gegenwart, stellt sich der Eindruck ein, dass es gerade besonders lausige Zeiten sind, vor allem wenn sich der Blick in den Nahen Osten wendet, wo die «Kommunikation» zwischen den verfeindeten Lagern nur noch aus Hass besteht. Ein Werk wie Verdis «Nabucco» passt da (leider) wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge: Zwei Völker stehen einander in diesem  Dramma lirico unversöhnt gegenüber.

Hier die Hebräer, dort die Babylonier. Mit dem kleinen Zusatz, dass Erstere die Gefangenen der Zweiten sind. Und im Lager der Besatzer ein Machtkampf tobt, der von niedersten Motiven dominiert ist.

In Düsseldorf wählt Regisseurin Ilaria Lanzino zur Ouvertüre, die GMD Vitali Alekseenok, wie überhaupt die gesamte Oper, plastisch und prägnant, zügig und federnd dirigiert, ein (anfangs harmloses) Bild, das belegt, wer die Betroffenen sind: die normalen Menschen. Das Video von Andreas Etter und Fabio Stoll zeigt ein Mietshaus. Manche Fenster sind beleuchtet, dahinter wohnt die Normalität – wir sehen Menschen, die ihrer gewöhnlichen ...

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Opernwelt November 2024
Rubrik: Im Focus, Seite 22
von Jürgen Otten

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