Verlorene Illusionen

Die mutige Lesart von Samuel Barbers «Vanessa» an der Nowaja Opera in Moskau erinnert an hoffnungsvolle alte Zeiten

Opernwelt - Logo

Dass die in Moskau ansässige «Nowaja Opera» mit Samuel Barbers «Vanessa» ein Werk aus einem, laut offizieller Einschätzung «unfreundlichen Land» auf ihren Spielplan setzt, ohne sich für dessen offenkundig boulevardesken Charakter zu schämen, unterstreicht erneut die radikale Entschlossenheit der Direk -tion zu einem «unkonventionellen Verhalten». Sämtliche Bühnen in Russland haben sich entschieden von drastischen Theatergesten distanziert. Nur in der «Nowaja Opera» und im Opernhaus von Nischni Nowgorod herrscht nach wie vor der Wille zu einer mutigen Programmgestaltung.

Was nicht zuletzt einem Künstler wie Dmitri Wolkostrelow zu danken ist: Dieser gehört zu den radikalsten Regisseuren des Sprechtheaters, hat jedoch auch schon in der Oper mit einer «Eugen Onegin»-Inszenierung in Jekaterinburg auf sich aufmerksam gemacht.

In seiner Lesart von Barbers «Vanessa» gelingt es dem Regisseur, das Werk auf Moskauer Ver -hältnisse umzumünzen und das Publikum eine durchaus heutige Relevanz spüren zu lassen. Die Bühne von Ljoscha Lobanow ist auf drei Handlungsebenen unterteilt: Im unteren Stockwerk befindet sich eine gepflegte Wohnung aus dem frühen 20. Jahrhundert, in der ein ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2025
Rubrik: Magazin, Seite 70
von Alexej Parin

Weitere Beiträge
American Psycho

Vorn, am linken Bühnenrand, liegt, schlafend, das Tier. Ein Kojote. Der aber zum Glück kein echter Kojote ist – die wolfsähnlichen Steppenwölfe gelten als gefährlich. Dieser ist erstens nicht echt, sondern ein Mensch in Glitzerkleidung mit hochhackigen Schuhen und als Kojote maskiert (der Choreograph des Abends, Ivan Estegneev), er ist zweitens auch ein Freund der...

Frieden gibt es nur im Jenseits

Da drob’n auf der goldenen Himmelbastei, / da sitzt unser Herrgott ganz munter / und trinkt a Glas Wein oder zwei oder drei / und schaut auf die Wienerstadt runter»: So sang es einst Georg Kreisler in seinem Lied «Der Tod, das muss ein Wiener sein». Im Januar ist er an der Volksoper wie an der Staatsoper wieder einmal eingezogen, allerdings in unterschiedlichen...

Bunte Träume

Seien wir ehrlich: Den Mann kannten wir bislang nicht. Und auch nicht seine Werke für Orchester, Chor, Klavier und Kammerensembles. Ursächlich für diese sträfliche Repertoire-Lücke ist die traurige Tatsache, dass der kroatische Komponist Blagoje Bersa (1873–1934) zwar in seiner Heimat eine Größe war, jenseits der Grenzen aber kaum rezipiert wurde. Insofern darf man...