Utopie einer Oper
Anna & Rolando? Ach was, das «Traumpaar der Oper» heißt Patrice & Pierre! Man muss Chéreau und Boulez nur ein paar Sekunden auf der Probe zusehen, um das kongeniale An-einem-Strang-Ziehen zweier Großmeister zu erleben. Hätten manche ihrer Kollegen nur halb so klare Ideen, nur einen Hauch solch visionären Pragmatismus: Das Musiktheater stünde anders da, als es das leider mancherorts tut.
In Leos Janáceks «Aus einem Totenhaus» – inszeniert von Patrice Chéreau und dirigiert von Pierre Boulez – wurde die Utopie der Oper für 95 Minuten Realität: als Ganzes, das mehr ist als die Summe seiner (anderswo nicht einmal für sich funktionierenden) Teile. Eine DVD aus Aix-en-Provence, wo diese Koproduktion nach der Wiener Premiere zu sehen war, dokumentiert das seltene Glück und ergänzt es um Probenausschnitte. Die zeigen ein bestens vorbereitetes, eingespieltes Team, das mit hartnäckiger Freundlichkeit bei der Sache bleibt. Chéreaus Anweisungen pendeln zwischen Denglisch und Frenglisch und enden oft mit einem «versteh‘ du?». Umso respektvoller siezen sich Dirigent und Regisseur, die vor über dreißig Jahren erstmals zusammenarbeiteten.
Durch Stéphane Metges Mitschnitt wirkt dieses «Totenhaus» ...
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Zart, delikat, wie aus dem Nichts herbeigezaubert drängt das Vorspiel zum ersten Aufzug in den verschatteten, hermetisch abgeschotteten Raum. Unaufdringlich ziehen Fagotte und Tuben ihre Linien, gleichsam geräuschlos, wie die Ventilatoren, die den Betonbunker Mimes und Siegfrieds belüften. Nicht einmal zum «Hoiho! Hoiho! Hau ein! Hau ein!» des Helden bläst Franz...
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Eigentlich war es wie immer, wenn Johann Kresnik Oper inszeniert. Gerüchte über ein mögliches Skandalon, die im Vorfeld durchsickerten, geisterten als anrüchiges Gespenst durch die Lokalmedien, entpuppten sich dann aber, nüchtern betrachtet, doch nur als Gratisreklame. Auch in Erfurt kamen weder der Griff in die amerikakritische Klischeekiste noch die Verlegung...