Unheilige Allianz
Die ersten Takte gehören ihm, dem Sadisten, dem Schlächter, dem Sexmonster: Scarpia ist die treibende Kraft dieses Thrillers. Die Liebenden, Tosca und Cavaradossi, Künstler sie beide, sind nichts als Opfer dieses perversen männlichen Willens. Der bleibt selbst postmortal noch omnipräsent – durch Scarpias Handlanger und durch die Macht der Musik, qua der Puccini der Personifikation des Bösen das letzte Wort gönnt: Der Tritonus als Diabolus in musica zermalmt die schönsten Hoffnungen an die Liebe, die Kunst, die Schönheit.
Silvia Paoli verschiebt in ihrer Inszenierung am kleinsten Opernhaus Frankreichs, das unter seinem Intendanten Matthieu Dussouillez überregional und sogar international zusehends auf sich aufmerksam macht, die Perspektive so dezidiert auf Scarpia, den Schrecklichen, dass man das Stück fast schon umtaufen möchte. Daniel Miroslaw, der als Ensemblemitglied in Hannover mit Verdis Jago die andere grandiose Negativfigur der italienischen Oper verkörpert, darf nun auch in Nancy seine sängerdarstellerischen Qualitäten ausspielen. Der markant deklamierende Bassbariton interpretiert dieses Monster von Mann als einen Psychopathen des Sexus: Sein Scarpia macht sich im ...
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Opernwelt 8 2022
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Peter Krause
Im Grunde ist mit den ersten Worten das Wesentliche gesagt: «Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus.» Der Wanderer in Schuberts «Winterreise» auf die ingeniösen Verse Wilhelm Müllers weiß, wohin sein Weg ihn führt: in jenes Dunkel, aus dem er kommt, immer schon kam. Eine Lichtgestalt war er nie, wird es nicht mehr werden. Und wer noch daran zweifelte,...
Jossi Wieler lächelte, milde, fast so, als habe er sogar ein wenig Verständnis für diese Wutbürger vorwiegend in den oberen Rängen, die sich bei der Applausordnung nach der Premiere ereiferten, um ihr geharnischtes Unverständnis über das gerade Gesehene herauszubrüllen. Grund genug für diese clemenza hatte Wieler jedenfalls, in dessen Regieboot diesmal neben seinem...
Ein Sturm tobt an Cornwalls Küste. Wildwüchsig schlagen die d-Moll-Wellen ans felsige Ufer, ungezügelt und mit einer Kraft, die alles wegspült. Trompeten und Hörner, Pauken und Posaunen verquicken einander mit einem satten Streicherklang zu einer fulminanten Fanfare im 6/8-Takt, die gleich zu Beginn dieser Oper eine geradezu archaische Wucht evoziert; beinahe muss...
