Tasten und Suchen
Im Grunde ist mit den ersten Worten das Wesentliche gesagt: «Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus.» Der Wanderer in Schuberts «Winterreise» auf die ingeniösen Verse Wilhelm Müllers weiß, wohin sein Weg ihn führt: in jenes Dunkel, aus dem er kommt, immer schon kam. Eine Lichtgestalt war er nie, wird es nicht mehr werden. Und wer noch daran zweifelte, den verweist die dämonisch-dunkle Tonart d-Moll zu Beginn des Liedes «Gute Nacht» noch einmal deutlich darauf, dass ein Glück, welcher Art es auch sein möge, hier kaum zu erheischen ist.
Der Tod wartet um die Ecke, in seinen Händen sehen wir die leeren «Leiermann»-Quinten.
Benjamin Appl und James Baillieu, die – das sei vorweggenommen – ein wunderbares Gespann bilden, wählen von Beginn an einen Tonfall, der das Unausweichliche in sich birgt – und den Müller wie Schubert intendierten. Nichts Selbstbewusst-Resolutes wohnt den gesungenen Phrasen inne, eher ein Tasten und unsicheres Suchen; auch die fortepiani des Klaviervorspiels sind dezent gesetzt (und werden es auch im weiteren Verlauf dieses Stückes sowie in den weiteren Liedern fast ausschließlich sein). Weder der Bariton noch sein Pianist stapfen energisch übers ...
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Opernwelt 8 2022
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 29
von Jürgen Otten
JUBILARE
Sheila Armstrong wurde am 13. August 1942 im Nordosten Englands, in Ashington geboren. Sie studierte Gesang an der Newcastle University und an der Royal Academy of Music in London. Mit 23 Jahren feierte Armstrong ihr Debüt als Despina in Mozarts «Così fan tutte» am Sadler’s Wells Theatre in London. Ab 1973 sang sie am Royal Opera House Covent Garden in...
Inzwischen kann man die «Turandot» ruhig die «Königin der Opern» nennen. Ein Wohlfühlevent, auf das sich alle einigen können; das Stück, mit dem man bei der Jugend am ehesten frische Begeisterung fürs Genre erzeugt, eine Art Lunapark, mit einer nie unterbrochenen Ohrwurmdichte, die es auch Anfängern ermöglicht, die wichtigsten Melodien und Motive der Partitur...
Allein der erste Satz: zauberhaft. Lakonisch, poetisch, direkt. «Da ist er.» Und dann sein Name. «Herr Harald». Herr Harald hat keinen Nachnamen, aber eigentlich hat er auch keinen Vornamen. Er ist eben – «Herr Harald». Er selbst nennt sich einen Opernliebhaber, aber das ist ein wenig untertrieben, weil Herr Harald von der Musik, die er hört, doch mehr versteht,...