Unbändiger Elan
Marc Minkowski hat gerade an zwei aufeinanderfolgenden Abenden Meyerbeers «Les Huguenots» dirigiert – jeweils vier Stunden Musik, mit Pausen sogar fünf Stunden – und wirkt im Gespräch danach so frisch, als sei es ein Leichtes, gleich das nächste Dirigat vorzubereiten. Seine Entscheidung für die selten gespielte Oper ist in mehrerer Hinsicht logische Konsequenz der Erfahrungen mit dem 18. Jahrhundert. Zweifellos verlangt Meyerbeers Hauptwerk von 1836 mit sieben Hauptrollen und einem in allen fünf Akten präsenten Chor besonderen Aufwand.
Minkowski glaubt jedoch nicht an die Mär von der heute kaum noch zu besetzenden «Grand Opéra». Geeignete Sängerinnen und Sänger zu finden, sei gar nicht so schwer, wenn man für die hohen Partien nicht vom Spinto-Ideal späterer Zeiten ausgeht, sondern die Leichtigkeit und Flexibilität einer an Mozart geschulten Stimme sucht.
Gleichzeitig ist Minkowskis Zugang zu Meyerbeer von einem besonderen Augenmerk auf genaue Deklamation geprägt. Trotz mancher an Gluck orientierten Rezitative hat der aus Paris stammende Dirigent einer für Paris geschriebenen Oper nach diesem kurzweiligen Abend aber nicht das Gefühl, eine französische Oper aufgeführt zu haben. Zu ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt August 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 9
von Anselm Gerhard
Kaum zu glauben: Alban Bergs «Lulu», längst ein Klassiker des modernen Musiktheaters, erlebte erst jetzt, 74 Jahre nach der Uraufführung, in Erfurt ihre thüringische Premiere. Im Spielplan des Hauses ist sie gleichsam Fortsetzung der im vergangenen Jahr ausgegrabenen «Nana» von Manfred Gurlitt, die etwa zur selben Zeit entstanden ist. «Anstrengende Opernkost»,...
Kann man dem Mythos von Medea, der über Jahrhunderte immer wieder musikalisch gedeutet wurde, noch eine eigene Lesart abgewinnen? Die Stuttgarter Uraufführung «Fremd» gibt als Antwort ein überraschend eindeutiges Ja. Hans Thomalla hat mit Grillparzers Trilogie «Das goldene Vließ» denselben Ausgangspunkt gewählt wie Aribert Reimann 2010 und schreibt – in der...
Schon 1936 wurde mit der Gründung des Palestine Symphony Orchestra der Grundstein für das heutige Israel Philharmonic Orchestra gelegt. Das Konzertangebot in Jerusalem und vor allem Tel Aviv war immer und ist nach wie vor attraktiv. Doch die Oper hatte es nicht leicht. Das lag zunächst an der besonderen Situation des jungen Staates, der Pionier- und...