Tschaikowsky: Eugen Onegin
Es war kein Abend des Bühnenbildners. Ein zum Käfig umfunktioniertes Bettgestell für Tatjanas Briefszene und ein schmaler Steg für das Duell sind die einzigen nennenswerten «Bauten» in David Hermanns Inszenierung von «Eugen Onegin». Es sind die Menschen, die die Bühne beherrschen: ihre Unfähigkeit sich zu begegnen, die unausgesprochenen Sehnsüchte, die individuellen Seelenqualen. Wie sehr Hermanns szenisches Experiment gelang, wichtiger noch, wie sehr das Luzerner Publikum darauf einging, zeigte sich am Ende in ungeteiltem Beifall.
Die ehemalige Intendantin Barbara Mundel wäre wohl für dieselbe Regie wenige Jahre zuvor noch angefeindet worden. Mittlerweile hat ein neues Publikum in Luzern die Lust entwickelt, auch ungewohnte, nicht auf Anhieb lesbare Inszenierungen lieben zu lernen – und zu diesem Sinneswandel hatte Mundel zweifellos beigetragen.
Dass die Choreografie zur Polonaise im dritten Akt, die im Zeitraffer sowjetisch-russische Geschichte von der Werkentstehung bis heute zeigt und am Ende mit einer echten Provokation aufwartet (nämlich einer Flagge mit Schweizerkreuz, aus dessen Balken Hammer und Sichel sprießen), Szenenapplaus erhielt, sagt viel über die Wandlungen im ...
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Zügig steigen die Streicher von jenem lange zu haltenden As empor, das Urgrund und Fluchtpunkt des Wagner’schen Gralsmythos ist. Nicht eilend oder forsch, aber doch bestimmt, als hätten sie das Ziel, die in der Formel «Erlösung dem Erlöser» gipfelnde Schlussapotheose des «Parsifal» bereits im Vorspiel zum ersten Akt klar vor Augen. Erst auf dem letzten Ton des...
Zum Lachen war Bajazzo ohnehin nie, hier ganz besonders nicht. Das Messer wie ein erigiertes Glied vor sich herführend, geht er auf Harlekin zu, unaufhaltsam, unausweichlich den tödlichen Streich führend. Ma la commedia non è finita. Noch kommt das langsame Sterben der roten Colombina, von ihr selbst kaum wahrgenommen im scharf begrenzten autistischen Bewusstsein....
Ein starkes Stück. Auch wenn man es mit traditionellen Mitteln auf die Bühne bringt. Wie jetzt in Lübeck, wo Regisseur Marc Adam dem Werk keinerlei Gewalt antat, sondern – konzentriert auf die Darsteller und ihre Körpersprache – Bergs «Wozzeck» als Tragödie der Beziehungslosigkeit unter den Menschen entwickelte. Der fast requisitenfreie, leere Raum als Ort, wo die...