The Power of Love

Das Glyndebourne Festival glänzt mit der Wiederentdeckung von Ethel Smyths lyrischem Musikdrama «The Wreckers» und einer musikalisch wie szenisch beeindruckenden «La Bohème»

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Ein Sturm tobt an Cornwalls Küste. Wildwüchsig schlagen die d-Moll-Wellen ans felsige Ufer, ungezügelt und mit einer Kraft, die alles wegspült. Trompeten und Hörner, Pauken und Posaunen verquicken einander mit einem satten Streicherklang zu einer fulminanten Fanfare im 6/8-Takt, die gleich zu Beginn dieser Oper eine geradezu archaische Wucht evoziert; beinahe muss man fürchten, es werde hier ein biblischer Zorn entfacht. Doch plötzlich fällt ein Lichtstrahl vom Himmel herab: eine liebliche Floskel in den Violinen.

Die aber wird sogleich wieder vom orchestralen Wind verweht und weicht einem stetig anschwellenden instrumentalen Unwetter, das sich immer stärker aufwirft, bis es schließlich in eine choralartige Apotheose inklusive Orgel mündet: «Kind of empire sound». Eine Musik voller Gewalt, Härten und zugleich voller Zärtlichkeit erklingt an diesem Abend im Opernhaus von Glyndebourne; erklingt, kaum glaublich, erstmals überhaupt (und in französischsprachiger Originalgestalt) an diesem Ort, 116 Jahre nach ihrer Vollendung. 

Auch über die Schöpferin des lyrischen Musikdramas «The Wreckers» auf ein Libretto ihres Lebensabschnittsgefährten Henry Brewster (der als Amerikaner in Paris ...

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Opernwelt 8 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Jürgen Otten

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