Strauss: Elektra
Bühnenbildner Michael Levine hatte für Robert Carsens «Elektra»-Inszenierung den Boden mit Erde bedeckt – ein Bild, das ebenso an Begräbnisse wie an Verdrängtes denken ließ, das es auszugraben gilt. Abgesehen von einem Beil, mit dem Susan Bullock als kompromisslos wütende Elektra in dem schmutzigen Grund herumkritzelte, war ein schneeweißes Bett, auf dem Agnes Baltsas vitalistische Klytämnestra erschien, das einzige gegenständliche Detail. Das Bett kam von unten und diente fortan als Symbol für den von bösen Träumen genährten Schuldkomplex der Mutter Elektras.
Susan Bullock sang die Titelpartie mit leidenschaftlicher Hingabe und Akkuratesse, ging dabei bis an die Grenzen ihrer vokalen Möglichkeiten. Sie trug das gleiche schwarze Gewand wie die Dienerinnen (Kostüme: Vazul Matusz) – ein großes Ensemble, dessen Identität sich in einer immer wiederkehrenden Kreisbewegung verlor. Die ständige Präsenz der Menge dämpfte (wie schon in Carsens «Iphigénie en Tauride») die Kraft der individuellen Konflikte, etwa zwischen Elektra und Klytämnestra. Allerdings kann eine solche Rückstufung Elektras durchaus sinnvoll sein. Zumal wenn die Titelfigur, ausdrucksstark choreografiert, bald in der ...
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