Henze: Elegie für junge Liebende
Es sei – so schreibt der Komponist 1971 – zum Verständnis und zum Genuss seiner «Elegie» von nicht unerheblicher Wichtigkeit, die «Reibungen zwischen Farce, Tragödie, Opera buffa und Psychodrama» sichtbar zu machen – eine Forderung, die in der neuen Lübecker Produktion in hohem Maße erfüllt wird.
Auf subtile Weise spürt Reto Nicklers Regie den unterschiedlichen Ebenen des Werkes nach, gibt der Komi-Tragödie der (von Andrea Stadel hinreißend gesungenen und gespielten) Hilda Mack einen ebenso hohen Stellenwert wie dem Aufdecken seelischer Abgründe bei Mittenhofer und seiner gräflichen Sekretärin Carolina. Das Ganze wird in den artifiziellen Rahmen einer sich zu mehreren Spielorten öffnenden stilisierten Bergwand gestellt (Ausstattung: Julia Hansen). Die «Künstlichkeit der Form» (ein weiteres Kriterium, mit dem Henze sein Werk charakterisiert) findet damit eine plausible szenische Entsprechung.
Mit welcher Intensität sich das spielfreudige Ensemble auf solche Vorgaben einlässt, wie Satirisches und Revuehaftes dem Handlungsverlauf untermischt werden, wie Realität immer wieder durchbrochen wird von surrealen Momenten – das zu beobachten, macht ganz einfach Spaß. Es ist ein austariertes ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Das Werk steht unangetastet vor uns. Doch die Umstände haben sich radikal verändert, damit die Bedingungen der Rezeption. Denn wohl niemand wird ernstlich bezweifeln, dass der Hauch des Exotischen, wie er noch 1929 vom Land des Lächelns ausging, inzwischen einer fast pragmatischen Sichtweise gewichen ist: China, das ist nicht mehr länger Chiffre für das Andere...
Bühnenbildner Michael Levine hatte für Robert Carsens «Elektra»-Inszenierung den Boden mit Erde bedeckt – ein Bild, das ebenso an Begräbnisse wie an Verdrängtes denken ließ, das es auszugraben gilt. Abgesehen von einem Beil, mit dem Susan Bullock als kompromisslos wütende Elektra in dem schmutzigen Grund herumkritzelte, war ein schneeweißes Bett, auf dem Agnes...
Als die dreizehnjährige Ballettschülerin Edith Aptowitzer am 14. März 1938 zum Unterricht in die Staatsoper will, tritt ihr ein Pförtner in den Weg. «Juden kommen hier nicht rein», erklärt er. Die heute 83-Jährige schildert den Vorfall mit stockender Stimme bei der Pressekonferenz zur Ausstellung der Wiener Staatsoper «70 Jahre danach – Täter, Opfer, Zuschauer»....