Spiel der Gewalten
Am Schluss der Aufführung taumeln Olim, Severin und Fennimore, von den Vertretern der Ordnung vertrieben, den langen Weg zum «Silbersee» entlang, der auch im Sommer zugefroren bleibt, um Hilfsbedürftige zu retten. Da öffnet sich im zur Raumbühne umgestalteten ehemaligen Kesselhaus der Alten Schildkrötfabrik in Mannheim-Neckarau eines der riesigen kathedralenartigen Fenster. Draußen steht ein weißes Taxi, nimmt die drei Flüchtigen auf und fährt mit ihnen davon. Man darf darin eine Anspielung auf das Schicksal Kurt Weills sehen, der am 21.
März 1933, dem Tag von Potsdam, mit einem Auto nach Paris ins Exil flüchtete. Vier Wochen zuvor, am 18. Februar 1933, hatte seine in Zusammenarbeit mit dem Dramatiker Georg Kaiser entstandene Schauspiel-Oper «Der Silbersee» Premiere. Es war die letzte Uraufführung einer dann als «entartet» geächteten Kunst, die während der Nazi-Diktatur verboten blieb.
Calixto Bieito hat das selten aufgeführte, zwischen Songspiel und Lehrstück oszillierende Drama mit Musik für die Ersatzspielstätte der Mannheimer Oper auf einen langen, das Publikum teilenden Laufsteg gesetzt und als Nummernrevue inszeniert. Kaisers umfangreicher Prosatext musste Federn lassen und ...
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Opernwelt Februar 2024
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Uwe Schweikert
Marc-Antoine Charpentier zählt zu jenen Komponisten des französischen Frühbarocks, deren Werke nach dem Tod ihres Schöpfers ein tristes Schattendasein fristeten. Während sich etwa die Opern Jean-Philippe Rameaus einer zunehmenden Beliebtheit auch bei deutschsprachigen Häusern erfreuten, ließ man Charpentier gleichsam am langen Arm verhungern und nahm sich höchstens...
Der Mann hatte viele Talente. Fast zu viele, um sich zu entscheiden. Doch Günter Henle, Nachfahre einer jüdischen Familie, die, um antisemitischen Anfeindungen zu entgehen, zum katholischen Glauben übergetreten war, machte aus der «Not» eine Tugend: Er vereinte die Begabungen und reüssierte erst als Diplomat, dann als Industrieller und schließlich als Verleger. Für...
Im Anfang ist, nein, nicht das Wort. Im Anfang ist die Musik. Eine zarte, sirenengleich aus dem Graben ansteigende, sich nach und nach intensivierende Melodie des Violon -cellos schwebt durch den Saal, bald begleitet vom sanften Schnarren des Schlagzeugs. Auf einer ständig hin und her flackernden Bildprojektion (Video: Jan Isaak Voges, Live-Kamera: Daniel Sorg)...