Schwierige Mission

St. Petersburg: Mariinsky-Konzertsaal: Karetnikov: Das Mysterium des Apostels Paulus

Opernwelt - Logo

Unter den Komponisten der sowjetischen Nachkriegszeit gehörte Nikolai Karetnikov (1930-1994) zweifellos zu den Querdenkern. Wie Alfred Schnittke, Sofia Gubaidulina oder Edison Denisov entwickelte er eine eigene Ästhetik und kompositorische Techniken, die mit den Prinzipien des «sozialistischen Realismus» nichts zu tun hatten. Auf der einen Seite fühlte sich Karetnikov der Dodekaphonie der Neuen Wiener Schule verbunden. Auf der anderen Seite stand eine intensive Beschäftigung mit christlich-religiösen Themen.

Ein Schlüsselerlebnis war für ihn die Taufe durch Alexander Men (1935-1990), jenem einflussreichen Priesterschriftsteller, den die kritische russische Intelligenz zeitweilig als Lichtgestalt gegen die Übermacht des Staates verehrte und der unter nie geklärten Umständen auf offener Straße ermordet wurde. So liegt es nahe, dass Karetnikov sein opus magnum, den zweistündigen Einakter «Das Mysterium des Apostels Paulus», auf «heilige» Texte schrieb – das Libretto verfasste der Drehbuchautor Semjon Lungin nach den Briefen des Paulus, dem Psalter und dem Buch des Propheten Zephaniah. Länger als 15 Jahre, von 1970 bis 1986, konzentrierte Karetnikov alle Kräfte auf die Arbeit an diesem ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juni 2010
Rubrik: Panorama, Seite 49
von Alexej Parin

Vergriffen
Weitere Beiträge
Warum das alles

Mit einer neuen Oper, die sich ausdrücklich an ein jugendliches Publikum wendet, und einer selten gespielten Barockoper zieht die Vlaamse Opera derzeit überregionales Interesse auf sich. Doch beide Produktionen gerieten problematisch.

Die Inhaltsangabe zu «The Rage of Life» liest sich hochdramatisch: Im Mittelpunkt der Oper steht der 18-jährige Leif, der in eine...

Der große Unterschied

Das Ende bleibt offen. Kein Trauerflor in Moll, kein Silberstreif, keine Erlösungsharmonie. Wie ein Fragment, wie eine Frage verweht der letzte B-Dur-Akkord. Eine Quinte und Quart, übereinander geschichtet, in der Tiefe; ein dreigestrichenes D und ein zweigestrichenes F dominieren die Höhe. Der Grundton, ins Abseits gedrängt. Als ob man diesem Akkord nicht trauen...

Schockgefroren

Der Alptraum hat nichts Exotisches. Er nistet mitten unter uns. Im ganz normalen Wahnsinn des kleinbürgerlichen Alltags. Auf der Bühne: Leute von heute in lässigen Klamotten. Steril, aseptisch, schreiend kalt mutet die Behausung dieser geschlossenen Gesellschaft an – ein weiß gleißender Kubus. Ein paar Umzugskisten, billiges Polstermobiliar, zwei diagonal...