Der große Unterschied
Das Ende bleibt offen. Kein Trauerflor in Moll, kein Silberstreif, keine Erlösungsharmonie. Wie ein Fragment, wie eine Frage verweht der letzte B-Dur-Akkord. Eine Quinte und Quart, übereinander geschichtet, in der Tiefe; ein dreigestrichenes D und ein zweigestrichenes F dominieren die Höhe. Der Grundton, ins Abseits gedrängt. Als ob man diesem Akkord nicht trauen solle. Es ist ein spröder Klang, der da zum Schluss der «Griechischen Passion» in der Luft des Wuppertaler Opernhauses hängt.
Ein hohler Resonanzraum, in dem sowohl das «Halleluja» der furchtbar frommen Dörfler von Licovrissi als auch das «Kyrie eleison» der abgewiesenen Flüchtlinge nachzuhallen scheint. Die Musik bricht einfach ab, mezzoforte, schwingt aus ins Ungewisse, Bedrohliche. Gehen das Leiden, die Gewalt, die unerträgliche Dreistigkeit des bigotten Scheins, von der das Stück erzählt, nicht weiter, wenn der Vorhang fällt und der Dirigent den Stab aus der Hand gelegt hat? Spielt die Geschichte des guten Hirten Manolios, der seine Mission findet, als eine Gruppe heimatvertriebener Migranten um Asyl bittet und schließlich von den eigenen Leuten gemeuchelt wird, nicht so (oder so ähnlich) jeden Tag?
Bohuslav Martinus ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Manfred Gurlitt (1890-1972) gehört zu den großen Pechvögeln der jüngeren Musikgeschichte. Sein «Wozzeck» wurde von Alban Bergs gleichnamiger Oper verdrängt, seine «Soldaten» blieben zum Zeitpunkt ihrer Wiederentdeckung im Schatten von Bernd Alois Zimmermanns ingeniöser Adaption, seine 1932 mit Max Brod erarbeitete «Nana» wurde von den Nazis verboten und erlebte...
Ein historischer Moment: Mit der Premiere der «Gezeichneten» in Los Angeles kam erstmals in der Neuen Welt eine Oper von Franz Schreker zur Aufführung. Und auch die zweite amerikanische Schreker-Premiere steht bereits bevor: Im Rahmen des Bard SummerScape Festivals vor den Toren New Yorks ist für den 30. Juli seine frühe Oper «Der ferne Klang» angesagt.
«Die...
Anders als Bach, Mozart oder Beethoven hat Schumann mit seinen Biografen wenig Glück gehabt. Das letzte, zum Schumann-Jahr 2006 erschienene Buch von Martin Demmler («Ich hab’ im Traum geweinet») war gar ein intellektueller und sprachlicher Offenbarungseid – ein Text, der weder dem Menschen noch dem Musiker Schumann gerecht wird (statt die Restbestände dieses Opus...