Sanft sarkastisch
Wenzel Strapinski heißt der schüchterne, doch beachtlich schlaue Held in Zemlinskys fast vergessener, jetzt am Staatstheater Cottbus rehabilitierter «Musikalischer Komödie». Nur dank seines brillanten Kostüms und einer zufälligen Begegnung mit einem Kutscher hangelt sich das arme Schneiderlein empor in eine Dorfgemeinschaft und wird aus ihm ein vermeintlicher «polnischer Graf». Er selbst ist sich der Schwindelei bewusst, ja, er bekennt sich («Kleider machen Leute») offen zu seinem fadenscheinigen Triumph.
Die Bewunderung der Bürger von Goldach, dem schweizerischen Provinznest, ist ihm sicher. Gottfried Kellers gleichnamige Erzählung aus dem realistisch-satirischen Novel -lenzyklus «Die Leute von Seldwyla» liegt dieser vierten Oper Zemlinskys zu Grunde.
Dass dem Staatstheater Cottbus mit dem Stück über den «unfreiwilligen Hochstapler» jetzt sogar eine Art Uraufführung gelang, ist dem Beginn des Ersten Weltkriegs zuzuschreiben. «Kleider machen Leute» kam zwar zuerst 1910 an der Wiener Volksoper heraus, doch für Mannheim hatte der Komponist eine zweite Fassung bereits ausgearbeitet, die des Weltkriegs wegen in der Schublade landete. Zemlinsky reduzierte die Oper dann 1922 für das ...
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Opernwelt März 2025
Rubrik: Panorama, Seite 48
von Wolfgang Schreiber
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