Porträt des Künstlers als alter Mann
Der langen Reihe seiner Romanbiografien über Dichter und Komponisten des 19. Jahrhunderts hat Peter Härtling ein schmales Buch über Verdi hinzugefügt. Auch diesmal geht es ihm nicht um sachliche Lebensbeschreibung, sondern um deren literarische Anverwandlung, für die er sich die Bausteine aus Verdis Leben herausbricht.
Er setzt ein mit der Verunsicherung Verdis, der nach der «Aida» auf der Höhe seiner Kunst wie seines Ruhms sich mit dem Streichquartett und dem Requiem in weit von der Oper abliegende Gefilde verlor und danach auf Jahre verstummte.
Lose gereiht, in Sprüngen, skizzenhaft folgt Härtling der Lebens- und Schaffenslinie bis zu den späten «Pezzi sacri» und Verdis Tod. Er bedient sich dabei der Projektionsmöglichkeit des konjunktivischen Schreibens, vermischt wirkliche mit fiktiven Fakten, wobei die wirklichen allerdings oft verzerrt werden. Was erzählerisch legitim sein mag, stellt den Recherchen des Autors gleichwohl ein schlechtes Zeugnis aus. Noch irritierender wirkt das seltsam Ungeerdete des Textes, oft klingt er geradezu sprachlos, weil ihm Atmosphäre, Farbe, Boden, Ton fehlen – jene Zutaten also, die Härtlings Bücher über Hölderlin, Mörike, Schubert oder Schumann so ...
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Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 30
von Uwe Schweikert
Das ist keine Prahlerei, das ist ein Liebesgeständnis: Der Dirigent Michael Schønwandt kennt «Maskarade» von Carl Nielsen auswendig – und zwar «seit ich zehn Jahre alt bin», erzählte er Ende April bei dänischem Bier im Kopenhagener «Tivoli». Und wie man Nielsen im Orchester spielen muss, hat er bei der Gelegenheit auch erklärt: «Nicht zu dick. Dann klingt er wie...
Am Ende holt ihn der eigene Alptraum ein: Baculus liegt in seinem Blut, erschossen wegen eines angeblich gewilderten Rehbocks! Von einem Doppelgänger verfolgt fühlt sich der Schulmeister schon in der Ouvertüre, schlussendlich erliegt er wohl der eigenen Fantasie. Zwischen Anfang und Ende dieser lang ersehnten, seit 43 Jahren ersten Dresdner Neuproduktion des...
Ein grauer Oktoberabend. Monteverdi. Die Toccata aus «L’Orfeo». So geht es los im Berliner Festspielhaus. Zwei Musiker aus Kinshasa spielen die berühmte Melodie. Auf einer E-Gitarre der eine, auf dem Daumenklavier, einer Likembe, der andere. Hinten, vor einer goldgelben Kettengardine, sind alle möglichen Percussion-Instrumente aufgebaut – Xylofon, Woodblocks,...