Offenbach: Hoffmanns Erzählungen
Eine Erfolgsgeschichte neigt sich ihrem Ende zu. Amélie Niermeyer ist nur noch bis zum Sommer Intendantin in Freiburg. Dann geht es Richtung Düsseldorf, wo sie ein Jahr später das Schauspielhaus übernimmt. Zuvor erfüllte sie sich erstmals den Wunsch, eine Oper zu inszenieren. Und alle Achtung, was der Debütantin da bei Jacques Offenbachs «Hoffmanns Erzählungen» im Verein mit Stefanie Seitz (Bühne) und Jan Meier (Kostüme) gelang: Professionalität, wohin man schaut, hochsolide, hochgediegen. Kein Geniestreich, aber auch keine Schnitzer.
Im Gegenteil, so sehr man sich auch an der Wartesaal-Metapher der Rahmenerzählung leidsehen mag – es ist eine Werkdeutung mit einigen überraschenden Eigenheiten. Die originellste: Hoffmann und sein Widersacher Lindorf sind anfangs parallel geschaltet – Rücken an Rücken, identische Bewegungen. Beide sind Teile ein und derselben Person. Lindorf ist Hoffmanns Mephisto, sein Mr. Hyde, das (Selbst-)Zerstörerische an ihm.
Ein apartes szenisches Bonmot: Der Physiker Spalanzani ist flugs zum Dr. med. mutiert und betreibt offenbar eine bestens ausgelastete Klinik für plastische Chirurgie – volles Haus in der dreistöckigen Spitalgalerie. Inhaltlich ...
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Die bühnenfüllende, bis ins Orchester sich hinabschwingende Freitreppe (Ausstattung: Sibylle Schmalbrock) wäre wie gemacht für den dritten «Arabella»-Akt. Sie signalisiert eher intaktes Großbürgertum, als dass sie die zwischen Traum und Wirklichkeit changierenden Brechungen dieses auf Jean Genet zurückgehenden Operneinakters des Schweden Peter Bengtson wiedergeben...
Der Wonnemond schien ferner denn je. Es mögen keine Winterstürme gewesen sein, die an diesem Märztag über die Covent Garden Piazza fegten, doch der gelegentliche eisige Windstoß war unangenehm genug für die Schlange der Unentwegten, die sich ihre klammen Finger an Bechern mit heißem Kaffee wärmten und hofften, noch ein Ticket für «Die Walküre» am Royal Opera House...
Klänge um uns herum, Worte, live und vom Band, Bilder. Aktion, steil treppauf im Basler Foyer, auf den beiden Galerien, auf dem Flügel, mit klaustrophobischem Charakter in der gläsernen Drehtür und auch draußen, auf dem Theaterplatz, unter Assistenz eines Gabelstaplers mit Aufblendlicht. Und wir mittendrin, pausenlose einundneunzig Minuten und neun Sekunden...