Mehr als eine Nationalikone

Rüdiger Ritter porträtiert den polnischen Komponisten Stanislaw Moniuszko in einem vielgestaltigen Kulturpanorama

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Der Weg der neueren Bildung geht von Humanität durch Nationalität zur Bestialität.» Als der österreichische Dramatiker Franz Grillparzer 1849 diese düstere Prognose stellte, konnte er nicht ahnen, welch grausige Wirklichkeit diese schon ein gutes halbes Jahrhundert später gewinnen würde: «Die letzten Tage der Menschheit» sah denn auch der Wiener Satiriker Karl Kraus 1914 angebrochen. Nach 1945 hatte man gehofft, der verheerende Ungeist von Nationalismus, Chauvinismus und Rassismus habe sich selbst erledigt.

Derzeit erscheint die Situation allerdings konträr, ja sogar die Zukunft steht zur Disposition, zumindest im Schatten angeblich glorioser Vergangenheit: «Make America Great Again», der Brexit, «wahres» Polen-, Ungarn- oder Türkentum werden aggressiv beschworen. Heute scheint die nationale Karte wieder vielfach gefragt. Um Kultur allerdings geht es den Populisten nicht: Dass die neue deutsche Rechte sich an Bayreuth orientiert, hat man noch kaum vernommen. Auf die «sozialistisch-realistisch» verordnete Volksnähe reagierte Adorno mit der sarkastischen Karl-Marx-Paraphrase: «Das Volk ist Opium fürs Volk.»

Zu kurz gegriffen wäre freilich, würde man pauschal alle Formen ...

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Opernwelt November 2019
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 33
von Gerhard R. Koch

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