Mal ehrlich... Aus dem Leben eines Taugenichts
Es ist noch gar nicht lange her, da blamierte sich Stéphane Lissner, als er in einem TV-Quiz Arien identifizieren sollte und vier von fünf nicht erkannte. Das YouTube-Video wurde flugs in der gesamten Szene herumgereicht, und so mancher Opernfreund zeigte sich, gelinde gesagt, überrascht. Wie bitte? Der einstige Chef der Scala, jetzt Intendant der Pariser Opéra national, erkennt den «Tosca»-Hit «Vissi d’arte» nicht?!? Mich selbst überrascht eher diese Erwartungshaltung. Ich habe die gar nicht mehr.
Es ist schließlich kein Geheimnis, dass wir in einer Ära der Manager-Intendanten leben, angeheuert für den Kampf gegen die roten Zahlen.
Aber mal ehrlich, ein solides Grundwissen wäre schon ganz schön. Und die Idee mit dem Quiz finde ich nicht schlecht. Vielleicht sollte man das mit allen Intendanten machen – könnte richtig unterhaltsam werden. Sagen wir, in Verbindung mit einer Koch-Show, das zieht immer. Eine Variation des beliebten «Pasta & Opera»-Modells. Ich seh’s direkt vor mir: Alexander Pereira und Pierre Audi im Wettlauf gegen die Zeit. Meine Herren, jetzt geht’s ums Ganze! Aus welcher Mascagni-Oper stammt diese Arie? Und wer modelliert die besten Tortelloni?
Schlamm-Wrestling ...
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Opernwelt Juli 2015
Rubrik: Magazin, Seite 69
von Christopher Gillett
Ein maroder Theaterinnenraum aus dem bürgerlichen 19. Jahrhundert. 935 Nutzungseinheiten soll er nach dem Umbau hergeben, gigantische Einnahmen durch Verpachtung und Vermietung bringen. Das rechnet die Immobilienmaklerin dem Regisseur auf der Bühne vor und erklärt, bevor die Bautrupps mit der Abrissbirne anrücken: «Hier wird nicht mehr probiert, hier wird gemacht.»
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Die Grazer «Jenufa», im März 2014 herausgekommen und später nach Augsburg weitergezogen, hätte eigentlich «Buryja» heißen müssen. In Peter Konwitschnys Inszenierung war die Küsterin das Kraftzentrum des Geschehens. «Als Stachel steckt sie im Fruchtfleisch fröhlichen Dorftreibens, eine wie aus Glas geschnittene Figur, an der ihre Umwelt sich die Haut aufreißt», hieß...
Den ausgefuchsten Dramatiker erkennt man am szenischen Rhythmus. Georg Friedrich Händel und sein Librettist Vincenzo Grimani hatten Sinn dafür. In «Agrippina» ist der Kontrast von vierter und fünfter Szene im zweiten Akt einfach brillant. Zuerst schleimt sich das gesamte Personal auf proppenvoller Bühne bei Kaiser Claudius ein. Dann fragt der stets loyale Otto nach...