Magische Monaden
Bezaubernd schön ist dieses Bild nicht. Eher bestürzend, tragikomisch. Aber es ist ein wichtiges, ein wesentliches Bild. Weil es in seiner vorgeblichen Trivialität poetische, bedrohliche Sprengkraft birgt, weil es so viel (aus)sagt über die genialische Kunst Achim Freyers, Musik und Geschichte in einen Rahmen zu setzen, in dem sie aufgehoben sind, ohne einander aufzuheben. Es erzählt dieses Bild davon, wie amüsant ein Märchen sein kann, das heiter eigentlich gar nicht ist, und zugleich wie tieftraurig seine Wendungen zuweilen sind.
Was sehen wir also? Wir sehen, weil die Kamera sehr nahe heranfährt, eine Konservenbüchse der Marke «Carroll’s», in den Farben Rot und Weiß, darüber wölbt sich eine riesige Mundharmonika. Wir sehen das weiß gewandete Mädchen Alice (Sally Matthews), umgeben von der hässlichen Herzogin (Cynthia Jansen), der scharfzüngigen Königin (Gwyneth Jones) und einer Schildkröte (Rüdiger Trebes). Absurde Konstellation in absurder Gebärde, schubertisch angeweht: Der Tod und das Mädchen.
Und dann hören wir, als käme sie aus dem Nichts, aus dem Nirgendwo, diese Melodie, die, obschon sie leicht verfremdet ist, uns so vertraut scheint, weil wir sie aus einem Film kennen, ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Sie sind zur Zeit gewissermaßen von Ihren Namensvettern umstellt: Vor Ihrem Partiedebüt mit dem Don Carlo di Vargas in «La forza del destino» im März an der Wiener Staatsoper sangen Sie im «Don Carlos» in Valencia den Rodrigo, Marchese di Posa: zwei ziemlich gegensätzliche Charaktere. Welcher der beiden ist Ihrem Herzen näher?
Haben Sie mehrere Kinder? Welches...
«Ringe» allerorten. Wenn einer darunter sich apolitisch gibt, dann der an der Opéra national du Rhin. David McVicars Wagner-Deutung überführt die Mythologie im Ambiente von Rae Smiths schrundigen Wänden samt urig-knorriger Esche und metallschicken Designer-Bergeshöhen in eine zeitlose Auslegung der menschlichen Tragödie. Auf den ersten Blick fällt «Die Walküre»...
Das letzte Bild ist das berührendste. Allein mit seinem Sohn sitzt Godunow im weißen Nachthemd auf der leeren Bühne. Sein auf der Stufenpyramide abgelegter Goldmantel rahmt die Szene ein wie eine Ikone, sein golden gefärbtes Gesicht ist erstarrt: ein gebrochener Mann. Matti Salminen gestaltet Boris’ finalen Monolog mit existenziellem Ausdruck. Auch in den...