Magie des Ausdrucks
Ein von dem Dirigenten Jérôme Correas so kundig konzipiertes wie musiziertes Programm mit vier Solo-Kammerkantaten von Alessandro Scarlatti, Händel, Marcello und Michel Pignolet de Montéclair lenkt den Blick auf die intime Spielart barocker Leidenschaften jenseits der rationalen Kontrolle am Ausgang des 17. Jahrhunderts. Im Zentrum steht jedesmal das Trauma der Römerin Lucretia, die, vom Königssohn Sextus Tarquinius geschändet, Selbstmord beging – eine Tat, die nach mythischer Legende zum Sturz der römischen Monarchie führte.
Als Vorbild antiker Tugendhaftigkeit hat sie von Livius über Shakespeare bis zu Brittens «Rape of Lucretia» immer wieder die Phantasie der Nachwelt erregt. Ihr Schicksal eignet sich ideal für die kleine Kantatenform, die das tödliche Ende in eine Folge von alternierenden Rezitativen und Arien zusammendrängt.
Wir hören viermal dasselbe Geschehen, erleben es jedes Mal aber völlig neu – und das umso mehr, weil uns Lucrezia nicht nur in einer anderen Musik, sondern auch in der Stimme einer anderen Sängerin begegnet. Am schärfsten kontrastieren, obwohl sie denselben Text benutzen, die Vertonungen von Scarlatti und Marcello. Beide arbeiten sie mit der Inflexion der ...
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Opernwelt Februar 2025
Rubrik: Medien, Seite 22
von Uwe Schweikert
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