Lied, Welt, Zeit

Recitals von Christian Immler und Raoul Steffani

Opernwelt - Logo

Die Zeit. Ein «sonderbar Ding» sei sie, erkennt Feldmarschallin Fürstin Werdenberg. Sie taugt wohl auch als guter Leim, vermag sie doch zur sinnvollen Collage zu verkleben, was a priori nicht unbedingt füreinander geschaffen scheint. Unterschiedliche Lieder etwa wie auf den beiden hier verhandelten Alben. Deren Dramaturgie stellt über die Werke hinaus Zusammenhänge und Synergien her, die ohne den Faktor Zeit doch ein wenig wie an den Haaren herbeigezogen wirkten. Im einen Fall ist es die des Beginns, im anderen jene des Endes kompositorischer Tätigkeit.


So hat der Bariton Christian Immler sich, wie der Übertitel «Swan Songs» erhellt, der letzten Schöpfungen verschiedener Komponisten im Genre angenommen. Themen sind der Abschied aus den verschiedensten Blickwinkeln, vom grimmigen Scheitern zur Melancholie, aber auch die Überwindung durch Witz und Aberwitz. Sechs der letzten Lieder aus dem Todesjahr 1828 des so depressiven Franz Schubert (aus dem vom Verleger Haslinger zum «Schwanengesang» zusammengestellten Zyklus), dazu als Gegenpol Brahms’ tröstliche «Vier ernste Gesänge», die im Vergleich zu Schuberts rau-granitenem Liednachlass doch irgendwie wirken wie polierter Marmor. ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Januar 2019
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 26
von Gerhard Persché

Weitere Beiträge
Wandererfantasien

Die Herren kennen einander. Natürlich nicht persönlich, Franz Schubert starb bekanntlich 1828, als Ian Bostridges Vorfahren noch gar nicht wussten, dass sie dereinst einen namhaften Liedsänger in ihrer Familie haben würden. Als solcher ist Bostridge seit Langem international anerkannt, zumal auf dem Gebiet der Schubert-Exegese; nicht zuletzt sein Buch über den...

Einfach raffiniert

Allzu selten dient ein Opernlibretto derzeit als echte Steilvorlage für einen Regisseur. Und wenn überhaupt, dann ist es Material, das es gegenzulesen gilt. Bei Robert Wilson ist das anders. Er bedient sich einfach bei Puccinis Textdichtern Giuseppe Adami und Renato Simoni, die ihrerseits Schillers Bearbeitung der fiabe teatrali «Turandot» des Venezianers Carlo...

Die Furien sind da

Die Terroristin trägt Prada. Schulterfrei. Lang, in eleganten Wellen, fließt die glutrote Seide an Medeas Körper herab, schmückt sie mit majestätischer Aura. Doch wie anders ist das Empfinden der gottgleichen Zauberin. Diese Frau, in deren Leben seit jeher die großen, gemischten Gefühle dominierten, ist nun durchglüht von heiligem Zorn. Zorn auf die Welt, auf die...