Belcanto mit Fußnoten
Sperrt sich die Belcanto-Oper gegen den szenischen Rigorismus des Regietheaters? In der Salzburger Ära von Gerard Mortier konnte dieser Eindruck entstehen, vielleicht auch wegen der prononcierten italienischen Zuständigkeit Riccardo Mutis. Andererseits war Hans Neuenfels’ «Troubadour» in Nürnberg vor knapp einem halben Jahrhundert so etwas wie ein Erneuerungsfanal der Opern-Optik, ausdrücklich vorgeführt an einem vermeintlich wirren Singstück. Die Lehre hieraus: Es gibt eine dramatisch-musikalische «Vernunft», die nicht eins ist mit kausallogischer Handlungsführung.
Die kann tendenziell außer Kraft gesetzt werden, etwa durch die Komplexität von Personen, die ein Vielfaches von dem verkörpern, was sie in Libretto-Worten auszudrücken vermögen.
Die Affinität moderner Szeniker zu ins Absurde gesteigerten psychologischen Konstellationen und Traumrealitäten knüpft gerne an Werke à la «Trovatore» an, da ist auch Vincenzo Bellinis letzte Oper «I Puritani» nicht weit. 1835 in Paris uraufgeführt, nimmt sie Religionspolitik – den Streit zwischen Puritanern und katholischen Royalisten – sehr viel unbedenklicher als Hintergrund eines Liebes- und Eifersuchtsdramas, als das etwas später bei ...
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Opernwelt Januar 2019
Rubrik: Panorama, Seite 39
von Hans-Klaus Jungheinrich
Die 1823 in Venedig uraufgeführte «Semiramide» ist die letzte, größte und – mit fast vier Stunden Spieldauer – längste Oper, die Rossini für Italien schrieb. Das verworrene Sujet um die babylonische Königin Semiramis, die mit Hilfe ihres Geliebten Assur ihren Gatten Nino getötet hat und an seiner Stelle regiert, bevor schließlich ihr Sohn Arsace den Vater rächt,...
Für einmal nicht «Hänsel und Gretel», sondern «Aschenputtel». Doch nicht von Rossini (und auch nicht von Massenet), sondern aus der Feder einer der bedeutendsten Sängerinnen der Operngeschichte. Pauline Viardot, die erste Fidès in Meyerbeers «Le prophète», die seit 1841 regelmäßig als «Cenerentola» in Rossinis Oper brilliert hatte, ließ 1904 eine einaktige Operette...
Karl Kraus’ hintersinnige Pointierung des Wortes «Familienbande» trifft auch auf Antonio Vivaldis Oper «La verità in cimento» zu, die jetzt den 13. «Winter in Schwetzingen» eröffnete. Sieben Jahre hatte der Heidelberger Operndirektor Heribert Germeshausen im Rokokotheater in einem spannenden Gang durch die Geschichte die Entwicklung der neapolitanischen Seria...