Kreativität auf Nebenschienen

Werke von Antheil, Milhaud, Bernstein und Aperghis in der Wiener «Fringe»-Szene

Opernwelt - Logo

Dass Kunst/Musik sich im Verlaufe des 20. Jahrhunderts zum Spiel gemacht hätte, weil sie zu schwach gewesen wäre für den Ernst, wie Adorno einmal behauptete, sucht die Wiener Kammeroper mit ihrer Reihe «Unerhört – neu gehört» zu widerlegen. Teilweise gelingt ihr dies auch, wie etwa an einem Abend klassischer Moderne mit Darius Milhauds «Le pauvre Matelot» und George Antheils «Venus in Africa». Die Dramaturgie wirkt wie glühend Eis und schwarzer Schnee, um es mit Shakespeare zu sagen: eine wahre concordia discors, denn die beiden Stücke sind in Thema und Machart grundverschieden.

Milhauds Stück (1927/34, Libretto: Jean Cocteau) schildert, wie eine Frau aus Habgier ihren Mann tötet, auf den sie 15 Jahre gewartet hat, den sie aber nicht erkennt, als er wohlhabend zurückkehrt. «Venus in Africa» (1950), die in einem Café in Tunesien spielende, witzig-verwirrende Oper des früheren Enfant terrible George Antheil, erzählt von einem zerstrittenen Liebespaar, dem die Göttin Venus durch ihr Eingreifen wieder auf die Sprünge hilft (vor allem dem Mann). Verbunden sind beide Partituren durch den Geist der «Six», Vereinfachung und Hinwendung zu zeitgenössischen Formen von Unterhaltungsmusik.

Cord ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juli 2011
Rubrik: Magazin, Seite 67
von Gerhard Persché

Weitere Beiträge
Eisige Utopie

Aktueller kann Oper kaum sein: Gerade hat Norddeutschland eine der längsten Trockenperioden seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt, da führt Jörn Arneckes Musikdrama «Kryos» dem Publikum die erschreckenden Folgen einer Klimakatastrophe vor Augen – in einer Science-Fiction-Utopie mit Tiefgang und doppeltem Boden. Im 23. Jahrhundert, nachdem ein Großteil der...

Intensität durch Distanz

«Wir arme Leut’», singt Wozzeck, als der Hauptmann ihm Moral predigt. Ein Erniedrigter und Beleidigter. Alban Berg hat in seiner Vertonung von Büchners Fragment Armut und Verelendung ins Zentrum gestellt. Die Versuchung drängt sich auf, entweder Elendskitsch oder ein heutiges Hartz-IV-Drama in prekärem Milieu zu zeigen.

Regisseur Ingo Kerkhof ist im Kölner Palladium...

Metamorphosen des Unverwechselbaren

Am liebsten schreibt sie für Freunde. Für Menschen, die sie gut kennt. Judith Weir hält wenig von Theorien, Programmen oder Schulen. Wichtiger ist ihr der Dialog mit den Interpreten, die ihre Musik aufführen. Egal ob es sich um Profis oder Laien handelt. Hat nicht jede Sängerin, jeder Instrumentalist, jedes Orchester, jeder Chor eine Persönlichkeit, eine spezielle...