Intimität und Überschwang
Das Klavierlied nimmt im kompositorischen Schaffen der großen Operndiva Pauline Viardot-Garcia die zentrale Stellung ein. An die 150 Titel nennt ihr Werkverzeichnis, und wie es bei einer so polyglotten Künstlerin nicht anders sein kann, in fast allen europäischen Sprachen. Die 45 russischen Lieder, von denen die Hälfte jetzt bei dem kleinen französischen Label Ligia vorliegt, entstanden überwiegend Mitte der 1860er-Jahre nach dem offiziellen Abschied der Sängerin von der Opernbühne, gleichsam für den Hausgebrauch.
Den engen Bezug zur russischen Literatur verdankt die Viardot ihrer Freundschaft mit dem Dichter Iwan Turgenjew, der ein großer Mittler zwischen den Kulturen war. So finden sich unter den Liedtexten neben Lyrik von Puschkin und Lermontow auch russische Adaptionen deutscher Dichtungen wie Eduard Mörikes «In der Frühe».
Trotz der russischen Texte ist der Tonfall der meisten Lieder sehr französisch, verbindet sich mit Reminiszenzen an die romantische Belcanto-Oper. Eine Prise slawische Schwermut ist als Gewürz beigefügt. Das erinnert manchmal an Tschaikowsky, dessen Lieder freilich erst später entstanden. Große Originalität können diese Kompositionen also nicht für sich in ...
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Opernwelt August 2012
Rubrik: Medien, CDs, Seite 26
von Ekkehard Pluta
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