«Ich bin kein Meister»

Auch mit 71 steht er noch auf der Bühne seinen Mann. Als Don Alfonso, als Musiklehrer in «Ariadne» oder als Mirko Zeta in der «Lustigen Witwe». Außerdem führt THOMAS ALLEN Regie, gibt zahlreiche Meisterklassen. Obendrein läuft er Marathon. Singen und Sport, die Erotik des Baritons, das Schweigen Woody Allens – Ansichten eines Langstreckenläufers

Opernwelt - Logo

Sir Thomas, Ihre Stimme strahlte stets eine enorme Männlichkeit aus – ohne einen Anflug von Machismo. Eine Frage des Stils?
Eine Absicht steckte nicht dahinter, es war einfach so. Mir wurde schon vor langer Zeit über meine Stimme offen ins Gesicht gesagt: «A baritone with balls ...» Dürfen Sie das überhaupt schreiben? Ich habe das nicht beeinflusst. Für mich war es auch nichts Ungewöhnliches. Als ich jung war, bewunderte ich den Bariton Peter Glossop. Der sang aus voller Kehle und sehr maskulin – und er war nicht der Einzige. Es war beinahe eine Mode damals.



An wen denken Sie denn?
An Cornell MacNeil, Leonard Warren und John Charles Thomas, die alle Stimmen von sehr kräftiger, kerniger Qualität hatten. Oder erinnern Sie sich an Francesco Tamagno als Otello! Bei der Beerdigung von Peter Glossop habe ich übrigens gesungen. Mit anderen Worten: Die Verbindung ist vielleicht nicht ganz zufällig.

Es handelte sich bei Ihnen nicht so sehr um Stimmerotik – so wie bei Cesare Siepi – als um vokale Virilität. Ein wichtiger Unterschied?
Ein sehr wichtiger Unterschied! Ich bin als Sportler aufgewachsen, und der körperliche Aspekt des Singens war mir entsprechend bewusst. Vielleicht ist es das, was ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Interview, Seite 32
von Kai Luehrs-Kaiser

Weitere Beiträge
Die da oben, die da unten

Und die Oper? Das war die Frage, als Andreas Beck im Herbst 2015 vom Schauspielhaus Wien als Intendant ans Theater Basel kam. Sie stand umso dringender im Raum, als Beck sein Amt von Georges Delnon übernahm, einem Vertreter des Musiktheaters, der inzwischen an die Oper Hamburg wechselte. Wer den Basler Spielplan mit seinem starken Akzent im Schauspiel betrachtete,...

Glitz und Tücke

Das Stück zieht sich immer wieder die Maske eines verbindlichen Lächelns über. Doch dahinter zeigt Monteverdis Altersoper «L’incoronazione di Poppea» ihr wahres Gesicht – und das trägt die Züge von Willkür, Tücke, Zynismus, Grausamkeit. Ein weit angelegter Bilderbogen menschlichen (Miss-)Verhaltens aus der Perspektive des Eros. Dabei versagt sich das Werk – mancher...

Berlioz und Goethe

Steht da Willy Loman auf der Straßenbrücke, dicht an der Bruchkante? Der traurige Held aus Arthur Millers Nachkriegsdrama «Death of a Salesman»? Die Garderobe passt: weißes Hemd, brauner Anzug, Hut im Stil der 50er-Jahre (Kostüme: Pola Kardum). Stumm schaut er von der notdürftig gesicherten Bauruine auf die Menge herab, die in die sandige Brache drängt: eine nature...