HOFFNUNG WÄCHST HIER NICHT

Puccini: Turandot HAMBURG | STAATSOPER

Die Tonart verheißt nichts Gutes. Es-Moll, das riecht nach Tod, in manchen Fällen auch nach einer gewissen Art von Tod. Und die gute Liù weiß, dass ihr ein solch harsches Ende droht, weiß es seit dem ersten Akt, als ihr dieses tieftraurige es-Moll schon einmal begegnete, in jenem andante triste, als das Volk von Peking, leider vergeblich, um Gnade für den jungen Prinzen flehte, der die drei Rätsel der Turandot nicht zu lösen vermocht hatte. Auch in diesem Moment, im dritten Akt, scheint die Situation ausweglos.

Verrät Liù den Namen des Mannes, den sie liebt, wird sie (vielleicht) leben, er aber gewiss sterben. Verrät sie ihn nicht, ist es genau andersherum. Also singt sie (oder besser: Guanqun Yu), und das mit einer sanften Hingabe, die imstande wäre, einen ganzen Eisberg zu schmelzen, con un poco d’agitazione con dolorosa expressione. Wie gesagt, die Tonart verheißt nichts Gutes. Und so geschieht das Unvermeidliche: Am Ende des Liebesgebets stößt sich Liù den Dolch einer ihrer Wachen ins Herz. 

Weiter wusste Puccini nicht. Weiter kam er nicht. Weiter konnte er nicht. Er starb, und so endet seine «Turandot» mit dem Tod der großen, empathischen Heroine. Aber eigentlich kann es ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Panorama, Seite 48
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Freiheit lieben

Fantastische Pianisten und glühende Patrioten waren sie beide. Damit aber enden im Wesentlichen die Gemeinsamkeiten zwischen zwei der schillerndsten polnischen Musiker-Persönlichkeiten des 19. (respektive 20.) Jahrhunderts. Während Fré-déric Chopin jenem Instrument treu blieb, mit dem er auch noch flammendste humanistische Botschaften in die Welt zu senden...

ÜBERFRACHTET

Vor genau 100 Jahren ereignete sich ein kulturhistorischer Donnerschlag: die Berliner Uraufführung von Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilm «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens». Vieles kam da zusammen: der schwarzromantische Vampir-Topos, die Verunsicherung nach dem Ersten Weltkrieg und last, not least eine unerhört suggestive Kino-Phantasmagorie, die bis heute...

EIN BISSCHEN FADE

Erstaunlich genug, aber das Schrifttum über Wolfgang Rihm ist recht begrenzt, obwohl er unbestritten zu den bedeutendsten Tonsetzern unserer Gegenwart zählt (OW 04/2022). Die Journalistin Eleonore Büning will nun Abhilfe schaffen. Ihr Buch deutet mit Bezug auf den gleichnamigen Titel einer Werkreihe Rihms an, dass es in «Über die Linie» auch ums kompositorische...