Bonn haut auf den Akustik-Putz
Einmal mehr bringt das Bonner Beethoven-Haus Neues zum «Fidelio» – jedoch nicht in editorischer, sondern überraschenderweise in szenischer Hinsicht. Zu diesem Zweck wurden die Räumlichkeiten der Gedenkstätte um das mittelalterliche Kellergewölbe des Nachbargebäudes («Im Mohren») erweitert. Dort, wo im 18. Jahrhundert die Weinflaschen von Beethovens Großvater ihrer Reife entgegenstaubten, kann sich der Anhänger des Enkels nun die Spätlese «Fidelio, 21. Jahrhundert» zu Gemüte führen.
Wofür er auf der «Bühne für Musikvisualisierung» zwanzig Minuten Zeit und eine 3D-Brille braucht.
Solcherart bewaffnet, verschmilzt des Besuchers Auge mit dem Geschehen auf einer silberbeschichteten Drei-mal-drei-Meter-Leinwand. Real befindet man sich im Keller, virtuell in Florestans Verlies. Die Introduktion des zweiten Aufzugs hebt an, computer-animierte Stäbe formieren sich zu Kerkermauern, schon klagt der Tenor aus siebzehn Surround-Sound-Lautsprechern und einem Subwoofer (schöne neue Begriffswelt) – doch, wo ist der dazugehörige Sänger? Sichtbar ist lediglich eine sich rhythmisch windende Spirale, optisch anzusiedeln zwischen DNA-Modell eines Biologie-Schulbuchs und Schlangen-Darstellung eines ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Klänge um uns herum, Worte, live und vom Band, Bilder. Aktion, steil treppauf im Basler Foyer, auf den beiden Galerien, auf dem Flügel, mit klaustrophobischem Charakter in der gläsernen Drehtür und auch draußen, auf dem Theaterplatz, unter Assistenz eines Gabelstaplers mit Aufblendlicht. Und wir mittendrin, pausenlose einundneunzig Minuten und neun Sekunden...
Parsifal» in einem offenen Orchestergraben: Das kann im Grunde genauso wenig funktionieren wie die «Meistersinger» unter dem Bayreuther Deckel. Mischklang und Verschleierungstaktik von Wagners letzter Partitur sind so detailliert auf die Spezifika im Festspielhaus abgestimmt, dass sie in anderen Opernhäusern automatisch verzerrt erscheinen – zur Kenntlichkeit...
Anselm ist Student. Natürlich, er muss Student sein, denn schon in der Romantik heißen die des Lebens nur halb Tüchtigen gern Anselm(us). Sein Lehrer Johann hat ihn beauftragt, aus dem Christophorus-Stoff ein Quartett zu schreiben; doch Anselm – auch darin ein Romantiker – bekommt das Sujet in der vorgegebenen Form nicht in den Griff und wählt lieber die Großform...