Feuchtgebiete
Wie der schlierige Bart eines Riesen streichen die Wolken über den eiszeitlich rundgeschliffenen Fels. 200 Regentage im Jahr zählt die Statistik für Bergen – heute ist einer davon. Das Wasser tropft nicht, es klatscht. Umso geisterhafter die Blüten der Apfelbäume, der Tulpen. Pralles Rot, ein Ausrufezeichen im feuchten Einheitsgrau. Pocht die Sonne tagsüber doch für eine Stunde auf ihr Recht, verzaubert sie Blätter und Gesichter, lässt Trolle auf dem Wasser tanzen.
Leise Sensation, Augenblicke flüchtigen Glücks, viel intensiver und dankbarer erlebt als im Süden, wo sie sich verschwenderisch ergießt.
Ausgerechnet hier, wo die Natur mit mächtigen Fingern ins Leben eingreift, wo Nordkap und Arktis schon zu ahnen sind, existiert seit 250 Jahren ein philharmonisches Orchester. 1763 rebellierten Bergens Fischer gegen die dänische Herrschaft, der König schickte eine Kommission – und die brauchte Musik, also wurde ein Orchester gegründet. Dass es nie abgewickelt wurde, erklärt Orchesterdirektor Bernt E. Bauge mit dem weltoffenen Charakter der Hansestadt Bergen. Schon seit 1815 seien die Partituren von 100 Symphonien, darunter von Beethoven und Haydn, in den Archiven nachweisbar. Das ...
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Opernwelt Juli 2015
Rubrik: Magazin, Seite 73
von Udo Badelt
Für ihren Abschied hat sich die Chefin ein Wunschkonzert ausgedacht. Wenn Simone Young am Vormittag des 5. Juli zum letzten Mal als Generalmusikdirektorin vor die Hamburger Philharmoniker tritt, wird sie ein garantiert mehrheitsfähiges Programm dirigieren. Ein Kessel Buntes soll da brodeln, für jeden Geschmack ein Schmankerl. Aus 41 Titeln konnte das Publikum vorab...
Man kann auf eine sehr heutige Art gestrig sein. William Kentridge stopft in Amsterdam die gute alte «Lulu» mit vielem voll, was aktuelle Videotechnik hergibt. Er schickt Bergs Luft- und Liebesgymnastikerin durch vagierende Räume aus Bewegung und Licht. Mal überziehen Zeitungsschnipsel die breite Bühne, mal Spruchbänder mit Zitaten und Kommentaren. Mal spritzt...
Alle benutzen die griffige Abkürzung: ENOA. Das steht für «European Network of Opera Academies». Zusammengeschlossen hat man sich, um zwei Ziele zu verfolgen: Jungen Sängern, Regisseuren, Komponisten, Dirigenten und Orchestermusikern will man ein internationales Podium bieten; außerdem die Diskussion um die Zukunft der Gattung befördern. Vor allem aber ist ENOA...
