Einfach nur sein
Herr Nigl, wie sind Sie eigentlich zum Lied gekommen?
Ich habe früher mit einem Freund die Schubert- und Schumann-Bände durchgespielt und durchgesungen. Und wann immer man sich ein Lied anhören wollte, kam man um Fischer-Dieskau nicht herum. Ein Donnervater, ein Monolith. Und wenn ich an Wunderlich dachte, war ich froh, dass ich kein Tenor war – sonst wäre ich gleich in die Donau g’hupft.
Wie haben Sie die Situation «Liederabend» empfunden. Als Kunstblase eines elitären Kreises?
Ich war völlig naiv.
Lied war für mich: auf die Straße gehen und singen. Denn natürlich bedeutet Schubert auch Volksmusik und Wiener Lied. Ich bin zu den Sängerknaben gekommen, ohne eine Ahnung von Dur oder Moll zu haben. Ich stamme aus keiner intellektuellen Familie. Mein Vater war Schneider, meine Mutter zu Hause. Meine Eltern haben aber wahnsinnig auf die Bildung ihrer Kinder geachtet. Später war ich nie Rezipient, ich hab’s als Sängerknabe einfach immer gemacht. Als ich mit 16 mit meiner Mama erstmals in der Volksoper war, habe ich mich gewundert, dass das Haus so klein war. Ich kannte den Raum nur von der Bühne her. Und viel später steht man irgendwann als Liedsänger auf dem Podium und fragt sich: Was ...
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Opernwelt April 2021
Rubrik: Interview, Seite 44
von Markus Thiel
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