Eine Sache der Ehre
Er hätte nicht gehen müssen. Zwar wurde Fritz Busch, zweifellos einer der größten Dirigenten des 20. Jahrhunderts, im März 1933 von SA-Horden aus seinem Amt als Musikchef der Dresdner Semperoper vertrieben – ein Eklat, bei dem sich das Solistenensemble (mit nur fünf Ausnahmen) und die Staatskapelle unrühmlich verhielten. Doch Hermann Göring, bei dem Fritz Busch danach vorstellig wurde, versuchte die Sache herunterzuspielen («Schweinerei») und dem Dirigenten eine andere Position zuzuschanzen. Wenig später kam die Möglichkeit zur Rehabilitation.
Busch erhielt das Angebot, bei den Bayreuther Festspielen 1933 die «Meistersinger» zu leiten. Er selbst hat den inneren Kampf, der sich damit verband, anschaulich beschrieben. Einerseits war er besessen von dem Gedanken, dass seine Ehre vor aller Welt wieder hergestellt werden müsse. Was wäre dafür geeigneter gewesen als das Podium der Wagner-Festspiele, bei denen sich gerade eine neue Leitung (Siegfrieds Witwe Winifred und Heinz Tietjen) etablierte? Andererseits wusste er seit seinem Bayreuther Gastspiel von 1924 (ebenfalls mit den «Meistersingern»), welcher politische Geist dort herrschte. Er hatte schaudernd «Mein Kampf» gelesen und war ...
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Opernwelt Juni 2014
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 32
von Stephan Mösch
Man könnte sich die Haare raufen: 1979 wurde in einem Auktionskatalog ein Albumblatt Verdis reproduziert, ohne dass dies irgendeinem Verdi-Forscher aufgefallen wäre – bis heute. So fehlt die Miniatur aus dem Jahr 1877 in allen Werkkatalogen, auch in dem 2013 erschienenen «Verdi Handbuch» – ein Grund mehr, es sich wenigstens nach dem Verdi-Jahr genauer anzuschauen.
D...
Nicht jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Diese «Meistersinger von Nürnberg» begannen mit einer musikalischen Enttäuschung, dafür mit einem szenischen Hingucker. Wie sich der Karlsruher GMD Justin Brown durch das Vorspiel ackert, die Badische Staatskapelle sich durch die Noten arbeitet: Das klingt schwerfällig, gepanzert, behäbig. Die quickeren, lustspielhafteren...
In der Premierenpause gibt der Maestro, leicht verschwitzt, den glühenden «Arabella»-Fan. Der «zweite ‹Rosenkavalier›» gefalle ihm fast noch besser als das Original, erzählt er der ORF-Moderatorin hinter den Kulissen. «Mein Lieblingsstück von Strauss.» Klar, in dieser letzten, 1933 an der Dresdner Semperoper uraufgeführten Gemeinschaftsarbeit von Strauss und...