Editorial 9-10/23
Der Satz ist beinahe schon ein Gedicht. Blumig-barock, beredt und beseelt von der Aura erlesener Formulierungskunst: «Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können.» Aufgeschrieben hat diese wohldosierten Worte Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge 1788, sie finden sich in seinem aufklärerisch gesinnten Buch «Über den Umgang mit Menschen».
Wer die Geschehnisse der vergangenen Monate bei den Tiroler Festspielen in Erl verfolgt hat, kommt kaum umhin, daran erinnert zu werden. Doch der Reihe nach.
Es war einmal ein Intendant in Erl, der dem Haus zwar mit Haut und Haar verpflichtet war, sich aber nicht benehmen konnte. Irgendwann fiel das auch den Verantwortlichen auf. Gustav Kuhn musste gehen. Um den Bestand der Festspiele zu retten, wurde eilig ein Nachfolger bestimmt. Bernd Loebe, Intendant der Oper Frankfurt und als solcher seit nunmehr gut zwei Jahrzehnten erfolgreich im Bemühen, sein Haus in der internationalen Spitze zu etablieren, übernahm ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt 2023
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Jürgen Otten
Wenden wir uns bei dieser Premiere, in deren Vorfeld sehr viel von Augmented Reality, von Brillen und Brillenkosten die Rede war, zunächst der akustischen Realität zu. Die war nämlich nicht weniger ungewöhnlich als das, was man durch die Brillen sah, und nutzte dafür sehr viel einfachere Mittel. Da ist der viel gelobte und immer als Konstante vorausgesetzte...
Jede Zeit hat ihre Geschichten. Wobei sich die Beziehungsdramen, von anno dunnemals bis in die Gegenwart, im Kern gar nicht so sehr unterscheiden. «Ein Jüngling liebt ein Mädchen, / die hat einen anderen erwählt …» In Giuseppe Verdis «Ernani» sind es gleich drei Männer, die ein- und dieselbe Frau begehren. Aber nur einen davon, den jüngsten und schönsten, liebt...
Ihrem Namen nach würde sie gut in Wagners «Ring» passen. Hulda, das klingt nach nordischer Mythologie, nach jenem «Ort», den der Gesamtkunstwerker gern aufsuchte, um sich für seine eigene «Kunstreligion» inspirieren zu lassen . Und in der Tat geht César Francks «Hulda», posthum in Monte Carlo uraufgeführt (1894), auf ein Drama des norwegischen Dichters und...