Editorial
Die «Ring»-Produktion, die Patrice Chéreau und Pierre Boulez den Bayreuther Festspielen zum hundertsten Jubiläum bescherten, ging als Geniestreich in die Geschichte des modernen Musiktheaters ein. Von den Schildern «Verflucht sei dieser ‹Ring›», die 1976 rund ums Festspielhaus getragen wurden, bis zu den eineinhalb Stunden Abschiedsapplaus im Sommer 1980 war es ein weiter Weg. Die Produktion war auch ein work in progress, ausgereift im Grunde erst in ihrer dritten Spielzeit.
Sie fasste viele, bereits vorher erprobte Ansätze bewusst oder unbewusst zusammen und entwickelte dann ihrerseits eine elektrisierende Langzeitwirkung. Das alles ist common sense.
Weniger bekannt: Am Anfang führte der Zufall Regie. Die Schwester von Pierre Boulez habe damals, sagte Chéreau kürzlich augenzwinkernd in der Berliner Akademie der Künste, seinen Namen ins Spiel gebracht (nachdem Promis wie Ingmar Bergman, Peter Brook und Peter Stein abgewunken hatten). Damals lebte die Dame, wie Chéreau, in Lyon und hatte im Schauspiel einige seiner Arbeiten gesehen. Also meldete sie an Bruder Pierre nach Paris, er könne den jungen Mann nach Franken empfehlen. Von Bayreuth hatte Chéreau noch nie gehört. Er glaubte, ...
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