Der Star sitzt im Graben
Ist’s nun eine Hommage an das realistische Musiktheater? Oder doch eher Bühnensymbolismus? Oder wird hier Büchners und Bergs harter Sozialrealismus mehr oder weniger mutwillig gegen den Strich gebürstet? Um es gleich zu sagen: Der «Wozzeck» an der Opéra de Dijon ist ein großer, ein großartiger Abend geworden. Weil die Regisseurin Sandrine Anglade, bekannt für ihre Arbeit mit der eigenen Compagnie und ihre gleichermaßen ausgeprägte Neugier für Oper und Schauspiel, tief in das Stück, in die Musik hineinhört. Sich nicht von Klischees oder Moden leiten lässt.
Der nachhaltige Eindruck der Produktion hat viel mit dem rundum gelungenen Zusammenspiel aller Beteiligten zu tun. Das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg sitzt nun mal nicht alle Tage im Graben. Auch wenn sich viele Opernintendanten das wegen seiner beispiellosen Kompetenz für Zeitgenössisches und die klassische Moderne wünschen dürften.
Sandrine Anglades bewegliche, ästhetisch schlüssige Regie zielt aus Abstraktem ins Konkrete, sie betont die Zeitlosigkeit des Meisterwerks. Tief prägen sich die Bilder ein, die sie mit ihrem kongenialen Bühnenbildner Claude Chestier gefunden hat. Leer ist die Bühne, schwarze ...
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Opernwelt Juli 2015
Rubrik: Panorama, Seite 36
von Alexander Dick
Der Katalane Hèctor Parra (Jahrgang 1976) gehört zu den renommiertesten Komponisten der jüngeren Generation. Und zu den originellsten Vertretern einer neuen Ästhetik, bei der es zwischen den Stimmen, den Instrumenten und der Live-Elektronik zu einer dramatischen Interaktion kommt wie in seinem 2009 am Pariser IRCAM uraufgeführten Opernentwurf «Hypermusic...
Wie der schlierige Bart eines Riesen streichen die Wolken über den eiszeitlich rundgeschliffenen Fels. 200 Regentage im Jahr zählt die Statistik für Bergen – heute ist einer davon. Das Wasser tropft nicht, es klatscht. Umso geisterhafter die Blüten der Apfelbäume, der Tulpen. Pralles Rot, ein Ausrufezeichen im feuchten Einheitsgrau. Pocht die Sonne tagsüber doch...
Er ist wieder da. Das erste Mal nach dem Rausschmiss. Dunkelblauer Anzug, offenes Hemd, ein Rotweinglas in der Hand. Wechselt hier ein paar Worte, lächelt dort hinüber, genießt die Blicke, die sich in den Foyers des Volkstheaters auf ihn richten. Blicke der Bewunderung, der Erwartung, der Hoffnung. Kann Sewan Latchinian die von Rostocks Bürgerschaft auf Druck der...
