Der Musik den Vortritt
Der antike Mythos um die schuldhafte Leidenschaft Phaedras, der Gattin des athenischen Königs Theseus, zu ihrem Stiefsohn Hippolyt hat in Jean Racines Trauerspiel «Phèdre» seine klassische Ausformung erhalten. Für ihre Oper «Phaedra», die im Rahmen des Lucerne Festival am Luzerner Theater ihre Schweizer Erstaufführung erlebte, haben Hans Werner Henze und sein Librettist Christian Lehnert aber auf die Tragödie «Hippolytos» des Euripides zurückgegriffen.
Hier ist Phaedra das unschuldige Instrument, durch das die Liebesgöttin Aphrodite sich an dem spröden Prinzen rächt, der die Jagd der Liebe vorzieht. In antiken Quellen haben Henze und Lehnert zudem eine Fortsetzung der Geschichte gefunden, die den zweiten Teil der Oper bildet: Artemis, die Göttin der Jagd, bringt den toten Hippolyt nach Italien und erweckt ihn wieder zum Leben. Er wird zum Waldgott Virbius.
Henze hat sein Werk als «Konzertoper» bezeichnet und sich wohl eine semi-konzertante Aufführung vorgestellt. Das ist nachvollziehbar: Zum einen hat er eine kammermusikalisch transparente, farblich fein abgemischte Partitur geschaffen, die auf dem Konzertpodium zweifellos besser zur Geltung kommt als im Orchestergraben. Zum anderen ...
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