Der braune Klang

Selbst der Kammertorn war völkisch geregelt: neue Forschungen zum Musiktheater der NS-Zeit

Wer Musik unpolitisch nennt, hat meis­tens etwas zu verbergen. Wie könnte sich der Bürger auch der pólis entziehen? Vieles wurde unter den Teppich ge­kehrt, was die Wissenschaft wieder ans Licht bringen kann. Ein weites Be­tätigungsfeld für junge Forscher, das 1968 ff. schon einmal Konjunktur hatte und jetzt als Massenphänomen eine Renaissance erlebt. Der Hamburger von Bockel Verlag gehörte mit seiner in den frühen neunziger Jahren gestarteten Schriftenreihe zur Musik im NS-Staat zu den Trendsettern. Nun sind zwei weitere lesenswerte Bände erschienen.


Boris von Hakens Berliner Dissertation «Der ‹Reichsdramaturg›. Rainer Schlösser und die Musiktheater-Politik der NS-Zeit» dürfte vor allem für Wissenschaftler hilfreich sein. Von Haken arbeitet die verwirrende verwaltungsjuristische Entstehung einer seltsamen Institution der NS-Bühnenpolitik bis ins letzte Detail auf. Nach der Machtergreifung schienen alle ehrgeizigen Parteigenossen nach dem Motto «Auf die Plätze, fertig, los» loszustürmen, um fette Pfründen zu ergattern, indem sie irgendwelche Amtsstellen erfanden, die dann im erbitterten Gerangel gegen Konkurrenten verteidigt und legalisiert werden mussten. Rainer Schlösser, seit ...

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Opernwelt September/Oktober 2007
Rubrik: Magazin, Seite 66
von Boris Kehrmann

Vergriffen
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