Boyleske
Die Geschichte ist ja nicht ohne. Getäuscht sieht sich am Ende nicht nur Ihre Hässlichkeit, die Sumpfnymphe Platée. Überlistet wird auch Junon, die Jupiter mit ihrer notorischen (und durchweg begründeten) Eifersucht verfolgt. Das Ganze kam anno 1745 zur Unterhaltung und Erbauung auf die Bühne von Versailles, in Form einer ebenso virtuosen wie vielschichtigen Ballettoper, die zweifellos die Zustände am französischen Königshof parodiert, sie aber vorsichtshalber in den Bereich der Fabel verweist.
All das verständlich ins Hier und Heute zu übertragen, ist eine Herausforderung, die man nicht unbedingt einem Debütanten anvertrauen mag. Stijn Celis, am Saarländischen Staatstheater als Ballettdirektor im Amt, stellt sich ihr trotzdem und beweist damit zumindest: Mut. Die Courage eines Choreografen, dem das eigene Metier nicht mehr genügt. Das ist der Inszenierung zunächst nicht unbedingt anzumerken; der Belgier eröffnet die Aufführung mit einem bewegungsintensiven Prolog. Das mythische Personal ist zwar als solches noch erkennbar, aber die Satyrn und Mänaden geben sich punkig halbgescheitelt durchaus als unsere Zeitgenossen. Austauschbar auch die halbnackten Männer und Frauen, die ...
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Opernwelt März 2016
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Hartmut Regitz
Der verneinende Geist hat Konjunktur, auch auf Opernbühnen. Zu Beginn der Spielzeit München, an Pfingsten Baden-Baden – dazwischen jetzt Freiburg: Arrigo Boitos «Faust»-Oper mit der gezielten Titelwahl «Mefistofele» scheint Regisseure und Dramaturgen herauszufordern. «Und was in schwankender Erscheinung schwebt / Befestiget mit dauernden Gedanken.» Das Schweben...
Nicht das eher tragische als komische Scheitern reicher, aber ein bisschen bekloppter Sangesdilettantinnen (Sujet zweier aktueller Kinofilme) ist das Thema dieser Ausgrabung, sondern die ehrgeizige und fiebrige Sphäre der Casting-Shows: Vorwiegend weibliche Ruhmsüchtige wanzen sich an vorwiegend männliche Prüfungsorgane heran, um die Karriere anzuschieben. Es darf...
Dieses nahezu versteinerte Gesicht hat schon viel erlebt, zu viel vielleicht. Paul: bei Wolfgang Schwaninger ein reifer Mann mit Haarkranz, schlank, drahtig – und nicht mehr Herr seiner Sinne. Ihm ist das wahrscheinlich Schlimmste zugestoßen. Wie weiterleben, wenn die Geliebte gestorben ist?
Wie umgehen mit Trauer und Verlust? Diese Fragen sind es, die an Erich...