Aus dem Leben eines Taugenichts

Christopher Gillett regt sich auf

Opernwelt - Logo

Normalerweise schreibe ich diese Kolumne erst, wenn ich mich beruhigt habe. Und weil ich, wenn auch kein sonniges, so doch ein recht ausgeglichenes Gemüt habe, fällt mir das meist nicht weiter schwer. Aber diesmal bin ich stinksauer. Auf Englisch geht das so: Man legt die Stirn in schwache Falten, wiegt den Kopf und gibt alle paar Stunden ein leises Zisch- oder Schnalzgeräusch von sich. Tssss! Ich weiß, Sie alle fühlen mit mir.

Worum geht’s? Neulich flog ich für eine Neuproduktion nach Spanien.

Am nächsten Morgen hielten Regisseur und Ausstatter zerstreut ein Konzeptionsgespräch ab, im Anschluss leitete der Bewegungschoreograf ein paar Kennenlernen-Spiele an. Die stießen schnell an ihre Grenzen, weil leider nur ein Teil der Mannschaft anwesend war. An alle Kollegen, die jetzt aufhorchen: Nein, das Management der abwesenden Kollegen hatte es nicht geschafft, die Intendanz zu beschwatzen. Vielmehr hatte man die Probenphase von sieben auf acht Wochen verlängert, und es konnten eben nur die kleinen Fische, die mit viel Zeit. Also ich zum Beispiel. Ich wiederhole: acht Wochen! Nicht vier, nicht fünf, nicht sechs: acht! Das mag aus künstlerischer Sicht ein Luxus sein, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Februar 2017
Rubrik: Magazin, Seite 67
von Christopher Gillett

Vergriffen
Weitere Beiträge
Sich öffnen

Wie der Vater, so der Sohn? Beim Stimmfach mag der Spruch seine Richtigkeit haben. Dass aber Julian und Christoph Prégardien im Charakter erheblich differieren, räumen sie selbst ein. Hier der Vater, ein hintergründiger Denker, dort der offensiv gelaunte Sohn – bis in ihre jeweiligen Vorhaben hinein setzt sich dieser feine Unterschied fort. Ohnehin ist Julian...

Auf Abstand

Der Winter zieht hier nicht als Bedrohung ein. Groß sind die «Flocken», die aus schwarzen, aufgerissenen Säcken quellen, rund, weiß und leicht. Ein Bällebad, in dem man untergehen, wieder auftauchen und sich treiben lassen kann. Es ist ein poetisches Spiel mit Chiffren und Symbolen, das Regisseur Torsten Fischer da treibt, mehr Shakespeare als Schenkelklopfer....

Starke Frauen, extreme Lagen

Musiktheater ist ein feiner Seismograf für die Wandlungen im Umgang mit Emotionen. Wie sehr dies gerade auch für Händels Opern gilt, will dieser anregende Band mit seiner Fokussierung auf weibliche Opernfiguren zeigen, die von damals neuen und deshalb beunruhigenden «vermischten Empfindungen» geprägt sind. Eingelöst wird dieser in Laurenz Lüttekens bündiger...