Alles unter Kontrolle
Beethovens einzige Oper ist eine der revolutionären Manifestationen des Musiktheaters und zugleich eins seiner größten Sorgenkinder. Jossi Wieler und Sergio Morabito haben «Fidelio» jetzt in Stuttgart inszeniert – mit jener akribischen Versenkung in das Werk und seine Überlieferung, wie sie für die beiden selbstverständlich ist.
In ihrer gemeinsam mit dem Bühnenbildner Bert Neumann entwickelten Konzeption opponieren sie mit aller Macht gegen die Vorurteile, die seit Langem die «Fidelio»-Rezeption bestimmen – das Unbehagen an den gesprochenen Dialogen und an der angeblich theaterfremden oratorischen Dramaturgie, was für die Herkunft des Stücks aus der Tradition des deutschen Singspiels wie der französischen Rettungsoper aber charakteristisch ist. Dennoch wird man trotz bester Voraussetzungen über die Aufführung nicht recht glücklich, und es ist schwer zu sagen, warum.
Der vor Kurzem verstorbene Neumann, dessen letzte Arbeit dies ist – seine früheren Stuttgarter Bühnenbilder werden im Foyer in einer Video-Installation gezeigt –, erweist sich auch hier als kühler Analytiker. Seine Szene ist ein hoher, gleißend heller, mit Planen abgedeckter, in der Kerkerszene dann nachtdunkler Raum. ...
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Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Uwe Schweikert
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