Zurück in den Ring!
«1938» steht ziemlich unüberlesbar auf der Fassade des Neuköllner Mietshauses, in dem die Theaterautorin Sivan Ben Yishai wohnt. Eine irritierende Datumsangabe: Wie lebt es sich als Jüdin in einem Haus, das im Jahr der Reichspogromnacht erbaut wurde? «Seltsam, oder? Ich dachte immer, vielleicht bin ich zu empfindlich», lacht Sivan Ben Yishai, während sie in ihrer kleinen, charmanten Wohnung Kaffee kocht. Die Essecke in der Küche ist auch ihr Arbeitsplatz; sie blickt dabei auf ein an die Wand gehängtes Computer-Motherboard.
«Das habe ich auf der Straße gefunden, seither inspiriert seine Struktur mich beim Stückeschreiben.» Überhaupt ist ein Teil ihrer Wände gepflastert mit Bildern und Büchern, Postkarten, Fundstücken und Reliquien, die meisten aufgeladen mit Geschichten, Erinnerungen, Beziehungen. «Meine ganze kulturelle Familie», sagt sie und bittet mich ins Wohnzimmer. Auf dem Tischchen, auf dem wir unseren Kaffee abstellen, liegt ein getrocknetes Seepferdchen in einer Schale.
Sivan Ben Yishai gehört zu den Autor*innen, die in Deutschland im Umfeld des Studio am Berliner Maxim Gorki Theater bekannt geworden sind. Geboren 1978 in Jerusalem, verbrachte sie einige Kindheitsjahre ...
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Theater heute Oktober 2019
Rubrik: Das Stück, Seite 28
von Eva Behrendt
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