«Wir werden gestochen, weil wir so schön quieken»

Eine Zwischenbilanz im Kampf ums Überleben der Theater in Nordrhein-Westfalen

Was soll abgeholzt werden? Ranjewskajas Kirschgarten natürlich. Warum? Weil sie Schulden hat und er nutzlos ist. War­um darf er nicht abgeholzt werden? Weil er alt und schön ist. Was soll abgeschafft werden? Das Schauspiel der Stadt Wuppertal. Warum? Siehe oben. Und warum nicht? Siehe Tschechows «Kirschgarten». Die Gleichung geht fast vollständig auf. Das Wuppertaler Schauspiel will nach den existenz­bedrohenden Sparplänen der Stadt seine Existenzberechtigung nachweisen mit einem Stück über den Untergang des Schönen und Nutzlosen.

Zu Beginn seiner zweiten Spielzeit als Schauspielintendant setzt Christian von Treskow Tschechows Abschiedsstück auf den Spielplan, mit Selbstironie, aber ohne Larmoyanz.


    «Das Neue sind wir»

Auf der Bühne des Wuppertaler Opernhauses steht eine Schachtel, eine große Kiste (Bühne:
Jürgen Lier). Die Klappe fällt, und wir sehen: Im Inneren der Schachtel steht das gesamte «Kirschgarten»-Personal in einem winzigen Zimmer – wie Erwachsene in einem Kinderzimmer, Menschen in einem Puppenhaus. Herausgewachsen sind sie aus den alten Verhältnissen. Im zweiten Akt ist der Kasten ganz auf die Hinterbühne entschwunden, aber ein langer Laufsteg führt her­ab, auf dem ...

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Theater heute Februar 2011
Rubrik: Report, Seite 42
von Gerhard Preußer

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