Wie der Stahl gehärtet wurde
Franz Wille Drei Jahre Jury sind vorbei, dafür sind Sie mehrere hundert Theateraufführungen reicher und haben auch zahllose Reisen mit schönen Erlebnissen im Wirkungskreis der Deutschen Bahn genossen. Fühlen Sie sich erleichtert, traurig, befreit?
Dorothea Marcus Ich mache drei Kreuze und verdrücke drei Tränen. Es war eine extrem bereichernde Zeit, die ich jetzt schon vermisse, aber ich bin auch total erleichtert. Es war so inspirierend und so anstrengend! Es war ein großes Privileg, in diesen Diskurs eintreten zu können mit so geschätzten Kollegen.
Christian Rakow Wir sind als Kritiker oft sehr einsame Tiere. Wir sitzen am Schreibtisch und machen unser Ding: In der Regel wird aus einer Inszenierung eine These, die mit einigen Punkten belegt wird. Und es ist eine tolle Erfahrung, damit in eine Jury einzutreten, wo diese These auf Herz und Nieren geprüft wird. Wie gut ist sie wirklich belegt? Ist sie valide? Es gibt nicht mehr viele Jurys, die diesem Prinzip folgen und auf Diskussion setzen. Das weiß ich als Arbeitspraxis extrem zu schätzen.
FW Wie beständig sind denn in dieser Praxis die eigenen Thesen? Bröseln sie schnell, oder geben Sie sich unbelehrbar?
Rakow Es gibt ...
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Theater heute Mai 2019
Rubrik: Theatertreffen Berlin, Seite 34
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Über zwei Etagen geht das neue Banner an der Halle der Leipziger Spinnerei: «Wir sind da!» Nach jahrelanger Suche nach geeigneten neuen Räumen und einer halben Spielzeit in verschiedenen Interims hat das Leipziger Freie-Szene-Zentrum Lofft nun endlich einen neuen Ort gefunden und befindet sich in illustrer Gesellschaft: Auf der Spinnerei gibt es nicht nur große...
Friedrich Schiller hat sein eigenes Stück in der Luft zerrissen. In seiner Selbstrezension schon kurz nach der Uraufführung 1781 in Mannheim wird die dramatische Konstruktion mitleidlos zerrupft. Die Figuren seien nicht «nach der Natur» gezeichnet, sondern nach den Lektüren des Verfassers. Er habe die Menschen «überhüpft», monströs einseitige Charaktere entworfen...