Wer wen zerfleischt
Ein «Fatzer» ist im Augsburger Dialekt ein Schwätzer, ein Aufschneider. Brecht hat seiner Figur einen wahrlich sprechenden Namen gegeben. Der ichsüchtige Spötter redet und redet und geht doch unter. Er steigt aus dem Krieg aus, ein Deserteur. Lang ist’s her, der Erste Weltkrieg, und lange hat Brecht an diesem Projekt vom «Untergang des Egoisten Johann Fatzer» gearbeitet, von 1927 bis 1931 und auch später noch.
Das Fragment konnte nicht fertig werden, weil Brecht selbst im Übergang war von der anarchistischen Kriegsverweigerung wie sein Artillerist Andreas Kragler in «Trommeln in der Nacht» (1919), der sich von Krieg und Revolution verabschiedet mit den deutlichen Worten: «Ich bin ein Schwein, und das Schwein geht heim», bis zum Lob der Parteidisziplin in der «Maßnahme» (1931), in der der junge Genosse sich einverstanden erklärt mit seiner Liquidierung durch seine Mitgenossen «im Interesse des Kommunismus».
Zur Selbstverständigung habe er immer wieder an diesem Projekt gearbeitet, kommentierte Brecht später sich selbst. Brecht, der Selbstzweifler, porträtiert sich als Fatzer: «So sitzend / Zwischen noch nicht und schon nicht mehr / Glaub ich nicht, was ich denk!». Eine ...
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Theater heute August/September 2019
Rubrik: Aufführungen, Seite 30
von Gerhard Preußer
Wen schert das schon ich kann das nicht mehr hören dieses Geraunze satzloses Murmeln Syntax dahin ADE!» Es dauert nicht lange, da beschwert sich Agata schon über den Text, den die Autorin Eleonore Khuen-Belasi für sie und ihre Mitstreiterinnen geschrieben hat. Agata, Aurelia und Teresa sind, tja, Figuren wäre schon übertrieben, vielleicht drei Gewächse Marke Golden...
Figuren:
Svenja Hospizclown, Guter Mensch
Der Don Svenjas klassistische Abspaltung
Püppi Älteste Hospizpatientin. Zäh wie Rindsleder
Aram Dienstleistungsproletariat
Anmerkungen:
1.) Unterstrich – bedeutet der Don fährt in Svenja und spricht durch sie
2.) // – bedeutet Jumpcuts in den Vlogs
3.) Arams Akzent ist im Text ausgeschrieben, möge aber als Mittel maßvoll...
Übermut ist diesem Peer fremd. Er ist ein Träumer nicht aus Lust, sondern aus Not: Seine Träume sind verdrehte Fluchtversuche, sucht er doch im Eskapismus die Anpassung, im Ausbruch den Einbruch, sehnt er sich doch nach Zugehörigkeit und Heimkehr. Seine Großmannsfantasien sind ein fortwährendes Ringen um Liebe und um Anerkennung, das ebenso fortwährend scheitern...