Was wurde eigentlich aus …?

Die Wiener Gruppe Toxic Dreams lässt klassische Dramenfiguren Taxi fahren

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Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte, hat Elfriede Jelinek bereits 1979 in ihrem Ibsen-Sequel gezeigt: Da scheitert Nora im präfaschistischen Deutschland der Zwanziger Jahre bei dem Versuch, als Fabrikarbeiterin und selbstbestimmte Frau Fuß zu fassen.

Eine neue, ganz andere Nora-Wiedergängerin ist derzeit im Wiener Theatermuseum zu erleben. In einem dort präsentierten Kurzfilm ist Nora (Anna Mendelssohn) erfolgreiche Politikerin.

Durchaus möglich, dass sie die nächste Kanzlerin wird; momentan hat sie allerdings ein kleines Problem: Es ist bekannt geworden, dass sie vor 15 Jahren ihren Mann und ihre kleinen Kinder verlassen hatte. Jetzt ist sie auf dem Weg ins ORF-Studio, wo sie eine Erklärung verlesen wird; im Fond des Wagens, der sie hinbringt, geht sie ihr Statement noch einmal laut durch. So erfahren wir, dass Nora die Familie-oder-Karriere-Frage damals wirklich radikal beantwortet hat; ihre Kinder hat sie nie wieder gesehen. Sie bedauert das bis heute zutiefst, aber: Ging leider nicht anders.

Nora, die Politikerin, ist eine von neun klassischen Dramenfiguren, die die Wiener Theatergruppe Toxic Dreams in ihrer Video-Installation «After the End and Before the ...

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Theater heute Mai 2021
Rubrik: Magazin, Seite 60
von Wolfgang Kralicek

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