Theater heute: Die Kritiker:innen
Sondervermögen
Was tun, wenn man nichts kann außer lesen und schreiben? Deutschlehrer wäre eine Möglichkeit gewesen, hätte sich nicht schon früh im Germanistikstudium die Erkenntnis eingestellt, dass ich nie so gut sein würde wie der, den ich in der gymnasialen Ober -stufe genießen durfte.
Was folgte, erscheint aus heutiger Sicht folgerichtig: Schon während des Hauptstudiums erste Theaterkritiken für die Heidelberger Wochenzeitung «Communale», angeregt durch Theaterkünstler:innen wie Johann Kresnik, Jossi Wieler, Anna Viebrock und Herbert Fritsch am Heidelberger Theater. Die Jahre als Hochschul- und Feuilleton-Redakteur der «Communale» waren ein prima Fitnessraum für jenen Muskel der heiteren Selbstausbeutung, den du auf jeden Fall trainiert haben solltest, falls irgendwann das Telefon klingelt und eine Stimme die Frage stellt: «Wie wäre es mit einer Kritik zu Castorfs ‹Ajas›- und Wielers ‹Ivanov›-Inszenierung in Basel?» Das war einige Tage vor dem Mauerfall und in der zweiten Spielzeit von Frank Baumbauers Intendanz. Auftraggeber war die Berliner «taz». Die nächsten Anrufe kamen aus der Redaktion von «Theater heute» und der «Süddeutschen Zeitung», während ich gleichzeitig für ...
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Theater heute Mai 2023
Rubrik: Theater heute 750, Seite 71
von
Grundsätzlich hat Caren Jeß nichts gegen Richard Wagner und seinen «Ring des Nibelungen», im Gegenteil: «Sex, Blut und Gewalt, Boys, da bin ich dabei!» Außerdem darf frau heute nicht mehr so zimperlich sein und das Nationalmythen-Ausdeuten männlichen Bayreuther Regietitanen oder Gegenwartsdramatiker-Kollegen wie Necati Öziri, Thomas Köck oder Ferdinand Schmalz...
Seine Zeit ist vorbei. Wortlos sitzt ein grau angezogener Mann (Ekkehard Freye) zwischen Zimmerpflanzen in einem gediegen nussbraun vertäfelten Zimmer. Über ihm hängt ein Bild der Heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute, neben ihm ein Arbeitshelm an der Wand: Einst war er stolzer Kumpel der Zeche Prosper Haniel. Vor ihm stehen Blumentöpfe, die er still...
Eine Diskussion über Theaterkritik ist für einen Theaterwissenschaftler ein in vielfacher Hinsicht vermintes Gelände: Erstens sollte er tunlichst vermeiden, auch nur die leiseste Spur von Arroganz an den Tag zu legen – als sei seine Einsicht per se eine tiefere, verbrieftere, fundiertere als jene der Theaterkritiker:innen. Das ist sie nicht. Zweitens sollte er...