Terror im System

Rainald Goetz «Baracke»

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Am Rad morgens an der Ampel, eng im Pulk der Wartenden, der Fußgänger, neben einer Frau, die ruhig und breit, und komplett a-rezeptiv da steht, nichts von dem bemerkt, was um sie herum vorgeht, denn natürlich hat sie ihre Welt abpanzernden Privatsendungsstöpsel im Ohr, hört nichts, merkt nichts, ist als Taube von sich selbst beschallt, ganz allein in ihrem Eigenraum, der totale Irrsinn, in dem dreiviertel der Leute sich morgens durch die dicht bepackte Stadt bewegen, und wie ich neben ihr stehe (…) meldet der Hirn interne Satzautomat, der auf die Szene reagiert und sie zusammenfasst:

Mit Wachheit ist nicht zu rechnen.»

Mit dieser Empfindung gegenüber den Gepflogenheiten metropolitaner Zeitgenossen trat Rainald Goetz 2012 seine Heiner-Müller-Gastprofessur an. Goetz’ Beschreibung ist die eines hochempfindsamen Menschen, eines Außen -stehend-Involvierten, eines asozial Sozialen, dessen feinstoffliche Sensoren unmittelbar verbunden sind mit den ihn umgebenden Erscheinungsformen der gegenwärtigen Welt. Der Autor als Membran, an der sich der Sound der Gegenwart manifestiert. Die Szene aus dem Berliner Alltag des Autors steht exemplarisch für ein Schreibverfahren, das seit seinem ...

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Theater heute Jahrbuch 2023
Rubrik: Neue Stücke, Seite 149
von Daniel Richter

Weitere Beiträge
Heimat Sprache

Die frühen Jahre
Ausgesetzt In einer Barke von Nacht
Trieb ich
Und trieb an ein Ufer.

An Wolken lehnte ich gegen den Regen.
An Sandhügel gegen den wütenden Wind.
Auf nichts war Verlaß.
Nur auf Wunder.
Ich aß die grünenden Früchte der Sehnsucht,
Trank von dem Wasser das dürsten macht.

Ein Fremdling, stumm vor unerschlossenen Zonen,
Fror ich mich durch die finsteren...

Deutschsprachige Erstaufführungen 2023/23

Tove Appelgren
Honey (piccolo teatro Haventheater Bremerhaven)

Steven Berkoff
Die Verwandlung (Theater Regensburg) 
Bahram Beyzaie
Yazdgerds Tod (Schauspiel Köln)

Anna Carlier
Krone (Theater, Oper und Orchester Halle)

Fatima Daas
Die jüngste Tochter (Theater an der Parkaue Berlin) 
Tove Ditlevsen
Gesichter (Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin)

Selina Fillinger
...

Der Fuchs Erinnerung

Begleitet wird er von Aron, einem jungen Mann, den die Universität ihm zur Seite stellt, und Geistern der Vergangenheit. Durch sie werden Oberflächen der Gegenwart durchlässig, entstehen Verbindungen zu tiefer liegenden kol -lektiven Erfahrungen und Gefühlen. Der vielstimmige Monolog verbindet deutsche Historie, Familiengeschichte und Alltagserlebnisse. Und er...