Sprechstunden im Panton-Style
tür auf / einer raus / einer rein / zweiter sein», heißt es bei Ernst Jandl. «tür auf / einer raus / einer rein / nächster sein // tür auf / einer raus / selber rein / tagherrdoktor». In Deutschlands erfolgreichster Talkshow ist es genau umgekehrt: Vier- bis fünfmal pro Sendung geht in der «Johannes B. Kerner Show» die Tür auf, ein Gast kommt herein, plaudert mit dem Moderator – geht nach seinem Dialog aber verblüffenderweise nicht von der Bühne ab.
Vielmehr rückt der frisch verarztete JBK-Gast lediglich in der Stuhlreihe um einen Sessel auf, um so dem nächsten Talk-Patienten Platz zu machen.
Dass die Prominenten in der «Johannes B. Kerner Show» sich nach ihrem Auftritt nicht verabschieden dürfen, sondern stumm und geduldig auf das Ende der Sendung warten müssen, sieht für US-Augen aus wie eine peinliche inszenatorische Panne. In Wahrheit ist das seltsame «Wartezimmer»-Ritual aber ein wichtiges Zugeständnis an angestammte deutsche Sehgewohnheiten: Anders als in den USA, dem Mutterland der Talkshow, ist es im deutschen Fernsehen nämlich von jeher Tradition, nicht nacheinander, sondern miteinander zu talken. Die Bühnenbauten der erfolgreichen Talkformate imitieren deshalb ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Wer sich dem neuen ungarischen Nationaltheater am Pester Donau-Ufer nähert, tritt durch einen frei aus der grünen Parkplatzwiese ragenden Portikus, um den sich ein faltenwurfreicher Betonvorhang plustert. Auf einem gepflegten Pfad geht es vorbei an Figuren, die auf Bänken angeregt plauderten, bestünden sie nicht aus Bronze. Vor dem Theater schließlich mit seiner...
Wie ändert sich in sieben Jahren der Blick auf ein Erstlingsdrama, das seinerzeit als veritables Horrorstück in die Theatergeschichte einging? Eine ganz normale vierköpfige Familie: Die pubertierenden Kinder sind inzestuös ineinander verwoben, Kurt bastelt in der Garage Molotowcocktails und wirft sie in fremde Häuser, am Schluss erschlagen die Geschwister ihre...
Auch wenn es für derartige Prognosen vielleicht noch etwas früh ist, Sarah Kanes schmales Werk dürfte aller Voraussicht nach zu dem Wenigen gehören, was von der Dramatik der neunziger Jahre bleiben wird – eine Entwicklung, die es mit sich bringt, dass die fünf Stücke, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung wie explosives Gefahrengut in der schmuddelbunten Welle der...