Oratorium verschwiegener Sehnsüchte
Wie schon in «Todesnachricht» (2011) und «Ich wünsch mir eins» (2012) spielt auch im dritten Stück der deutsch-iranischen Autorin Azar Mortazavi ein aus einem anderen Kulturkreis stammender abwesender Vater eine Rolle. Als dieser sich von der Mutter getrennt hatte und zurück in seine Heimat zog, ging Tochter Mina (Maya Henselek) mit ihm. Jetzt, nach dem Tod des Vaters, ist sie zurück in Deutschland und zu Besuch bei ihrer Halbschwester Maria (Sonja Romei). Dass Mina wieder zu Hause angekommen wäre, kann man nicht behaupten, im Gegenteil.
Für das Verhältnis der beiden Frauen ist «fremdeln» ein Hilfsausdruck.
Nicht das postmigrantische Vatermotiv aber steht diesmal im Mittelpunkt, sondern eine gründlich verkorkste Ehe. Maria ist gerade Mutter geworden und mit dem schreienden Baby offensichtlich schwer überfordert. Ihr Mann, der Rechtsanwalt Toni (Raphael von Bargen), ist ihr keine große Hilfe, weil er immer so spät aus dem Büro kommt. Was Maria nicht weiß: Der schüchterne Toni hat panische Angst davor, ein Klient könnte seine kleine Kanzlei betreten. Wenn überhaupt, übernimmt er nur kleine Fälle; sobald es um etwas geht, mag er die Verantwortung nicht übernehmen. Für die Klienten ...
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Theater heute Januar 2015
Rubrik: Chronik Wien Wortstaetten, Seite 58
von Wolfgang Kralicek
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