Monaden auf dem Catwalk
«Sex». So hat Anne Imhof die Schau genannt, die sie für das Performance-Festival der Tate Modern an Londons Themse-Ufer entworfen hat. Weil sie Einsilber mag, die weite Assoziationsräume öffnen. Wer ihre dreiteilige «Oper» namens «Angst» von 2016 kennt oder 2017 auf der Biennale in Venedig den «Faust» im deutschen Pavillon besucht hat (für den sie den «Goldenen Löwen» bekam), der ahnt: Mit dem Geschlechtsakt hat «Sex» nur abstrakt zu tun. Im Sinne von Grenzerweiterung vielleicht, oder auch Grenzverletzung. Gender-Facetten spielen eine Rolle.
Entgegengesetzte Pole und alles, was dazwischen liegt.
Was sich dem Betrachter im Bauch des Blavatnik-Baus offenbart, ist konsequent auf Kontraste ausgelegt. In einem der beiden umgebauten Heizöltanks der Tate Modern herrscht von Stroboskopblitzen zerrissene Dunkelheit, der andere ist in helles Licht getaucht. Im ersten werden die Besucher auf einer T-förmigen Empore über die Aktionsfläche gestellt, im zweiten können sie sich frei verteilen. Wieder gibt es eine Plattform, diesmal für die Darsteller, die sie allerdings nur sporadisch nutzen. Mächtiges, stumpf-warmes Holz trägt ein schmales L aus Gitterplatten, die beim Beschreiten metallisch ...
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Theater heute Mai 2019
Rubrik: International, Seite 52
von Wiebke Roloff Halsey
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Am Anfang ist scheinbar noch alles in Ordnung: ein detailgetreu nachgebautes Zimmer einer Arbeiterwohnung im New York der 50er Jahre. Damals gab es in den USA schon, was uns heute umtreibt: illegale Einwanderung. Und am Ende hat dieses Problem die ganze falsche Ordnung aufgelöst. Von der tristen Ordnung zum schönen Chaos, von Realismus zu abstrakter Symbolik, das...
