Mittelstand am Gefrierpunkt

Richard Yates «Zeiten des Aufruhrs» (U) in Leipzig

Ein paar Tische auf einer sonst leeren Bühne, über der ein Billboard im Stil der 1950er Jahre schwebt und das auf Englisch und in wechselfarbigen Neon-Buchstaben zum Leben in den Vororten einlädt («Train fares are SO CHEAP») – das ist alles, was Intendant Enrico Lübbe und sein Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt brauchen, um «Zeiten des Aufruhrs» in Szene zu setzen.

Obendrein ist der Titel des Abends auch das Mot­to der Spielzeit und das Ganze eine Uraufführung nach Richard Yates’ Roman «Revolutionary Road», der 2008 von Sam Mendes mit dem Ti­tanic-Traumpaar Kate Winslet und Leonardo Di Caprio in den Hauptrollen verfilmt wurde.

Im Leipziger Schauspielhaus verkörpern Anja Schneider und Felix Axel Preisler das Ehepaar Wheeler, das seit einigen Jahren in dem Haus in der Revolutionary Road wohnt, aber selbstredend eigentlich für Höheres bestimmt ist – besonders Frank, der einem langweiligen Job inklusive Affäre bei einer Bürogerätefirma nachgeht. Die Vorstadtödnis lässt ihre Träume platzen, und den Plan, nach Europa auszuwandern, durchkreuzt eine erneute Schwangerschaft. Ein Szenario, das sich wie ein Prolog für Millers «Tod eines Handlungsreisenden» liest, tatsächlich aber erst zwölf ...

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Theater heute Februar 2015
Rubrik: Chronik Leipzig, Seite 53
von Torben Ibs

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